Das München-ABC: O wie Ostbahnhof

München ist wahnsinnig schön – und manchmal auch ein bisschen langweilig, spießig und streng. Zu sauber und zu geregelt. Wenn dir auch jedes Mal auf der Isar-Brücke die Knie weich werden und dich aber nichts mehr aufregt als unsere Öffnungszeiten, Tanzverbote und Mutlosigkeit, dann bist du hier genau richtig. In unserem ABC schreiben wir auf, was wir an dieser Stadt unendlich gut, aber auch ziemlich beschissen finden. Diesmal: Ein Ort im Wandel – der Ostbahnhof.

Als ich das erste Mal alleine am Ostbahnhof war, um mir mit zarten 15 irgendein Hip Hop-Konzert in der Tonhalle anzugucken, dachte ich: Das hier ist sie – die richtige Großstadt! München hat ja bekanntermaßen wenige Orte, die sich nach dreckiger Metropole anfühlen, aber der Ostbahnhof gehört definitiv dazu. Mit einer Mischung aus Bewunderung, Respekt, Angst und Aufregung lief ich also von der Busstation durch die Halle, den Bahnhof und schließlich zu dieser seltsamen Friedenstraße.

München hat ja bekanntermaßen wenige Orte, die sich nach dreckiger Metropole anfühlen, aber der Ostbahnhof gehört definitiv dazu.

Im Kunstpark reihten sich damals noch Essensbuden an seltsame Clubs an Essensbuden. Die Tonhalle und das alte Harry Klein (was für ein unfassbar guter Laden!) bildeten zusammen die Bastion des guten Geschmacks – oder versuchten es zumindest. Ansonsten gab es hier nur Läden, an denen man weder tagsüber noch nachts vorbei-, geschweige denn reinlaufen wollte. Und so war es auch mit dem Publikum: Wer auch immer all diese Menschen waren, die hier feiern gingen, man wollte weder etwas mit ihnen zu tun haben, noch mit ihnen in einer S-Bahn sitzen.

Als ich dann ein paar Jahre später in meine erste, eigene Wohnung in Berg am Laim zog, veränderte sich meine Sicht auf den Ostbahnhof. Der Ort hatte zwar immer noch einen Großstatdt-Flair für mich, trotzdem wurde er immer normaler, meine Beklemmung schwand und irgendwann hatte ich hier sogar eine Art Zuhause-Gefühl. Nach zahllosen Nächten, die ich wartend an der Tram-Haltestelle verbracht hatte und nicht nur die ein oder andere Schlägerei mitbekommen hatte, sondern auch selber immer mal wieder angequatscht wurde, konnte ich ihn plötzlich ganz gut handhaben – den Ostbahnhof mit all seinen seltsamen Leuten.

Container Collective und Werksviertel: Die Ost-Erweiterung Münchens ist in vollem Gange.

Mittlerweile wohne ich nicht mehr im Münchner Osten und finde es manchmal sehr schade, denn gerade jetzt passiert hier so viel: Dank dem Container Collective und dem Werksviertel ist "die Ost-Erweiterung Münchens in vollem Gange", wie unsere liebe Autorin und Freundin Sissi immer so schön sagt. Das Container Collective hat erst kürzlich eröffnet und mit ihm ein süßes Café, eine mega Sommerterrasse, ein Restaurant mit Bar und endlich wieder eine tolle Partylocation.

Dahinter entsteht auf dem alten Pfanni-Gelände der Rest des Werksviertel – eine Art kleine Stadt in der Stadt mit einem Konzertsaal, mit Ateliers, Gastronomie und vielem mehr. Hier sollen irgendwann einmal bis zu 3000 Menschen wohnen und 12.000 arbeiten. Vielleicht habe ich ja Glück und lande irgendwann einmal im schönen Haidhausen, dann kann sich meine Beziehung zum Ostbahnhof noch einmal weiterentwickeln. Bisher finde ich es aber schon erstaunlich – in etwa zehn Jahren von Beklemmung zu Bewunderung.

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