Vergnügte Viertel: Die Schwanthalerhöhe damals und heute
München besteht aus insgesamt 25 Stadtbezirken, in denen wiederum oft mehrere Stadtteile zusammengefasst sind. Logisch, dass das nicht immer so war, schließlich hat sich die Stadt in den letzten 860 Jahren seit ihrer Gründung ordentlich verändert. Wie genau, das wollen wir euch in dieser Serie "Vergnügte Viertel" vorstellen die einzelnen Viertel historisch beleuchten und gucken, wo man sich hier heute vergnügen kann.
Wenn ihr an die Schwanthalerhöhe denkt, kommen euch vielleicht als erstes die Bavaria und die alte Kongresshalle in den Sinn. Manch einem vielleicht sogar der riesige graue Betonklotz, in dem sich der Saturn und bald auch ein kleines Einkaufszentrum verstecken. Wenn ihr ans Westend denkt, ploppen unzählige Dönerbuden und süße Cafés in euren Köpfen auf? Eigentlich sind die beiden Stadtbezirke aber ein und dasselbe.
Damals: Bahngleise und Boom-Bezirk
Ursprünglich hieß das Gebiet Sendlinger Höhe und war bis zu Beginn der Industrialisierung nahezu unbewohnt. 1835 begann der Eisenbahnbau und das Westend wurde im Norden, Westen und Süden durch Gleise begrenzt. Im Osten bildet die Theresienwiese die natürliche Grenze des Viertels.
Nach den Bahnlinien ließ auch die Industrie nicht lange auf sich warten. Immer mehr Fabriken und Brauereien siedelten sich an, auch weil man die teilweise giftigen Dämpfe und Abgase in der feineren Innenstadt nicht haben wollte.
Und da, wo es Industrie gab, gab es auch Arbeit, weswegen immer mehr Menschen in die Sendlinger Höhe zogen. 1873 wurde der Bezirk dann umbenannt in Schwanthalerhöhe, nach dem Schöpfer der Bavaria, Ludwig Schwanthaler. Die Theresienwiese selbst zählt übrigens offiziell zur Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt.
Viele Arbeiter brauchten auch viel Platz zum Leben. Deswegen entstanden in der Gründerzeit zahlreiche Genossenschaftswohnungen. Bis heute stammt rund die Hälfte aller Bauten im Westend aus der Zeit vor 1919.
1964 wurde auf der Schwanthalerhöhe auch das Münchner Messegelände errichtet, was nochmal mehr Menschen hierher zog. Mit dem Wachstum des Viertels nahmen auch die Probleme zu. Der Boom des Westends führte immer wieder zu Kriminalität, lange Zeit wurde das Viertel abfällig als “Glasscherbenviertel” bezeichnet.
Heute: In-Viertel und Multi-Kulti
Die Arbeiterviertel, die in den Anfängen des 20. Jahrhunderts entstanden, waren zweckmäßig, aber weit entfernt von komfortabel. Anfang der 70er begannen deswegen umfangreiche Sanierungen im Westend. Heute sind viele Wohnanlagen fein renoviert, aber dennoch hat sich das Westend seinen nicht ganz glatt-sanierten Charme behalten.
Seit bestimmt 20 Jahren wird dem Viertel immer wieder der nächste Glockenbach-Hype angedichtet – genauso lange schon lässt das Westend dieses Prophezeiung stoisch an sich abprallen. Natürlich ist die Gentrifizierung auch hier ordentlich voran geschritten, aber immer noch finden sich kleine Läden, echte Boazn und beschmierte Hauswände – zum Glück!
Das Westend hat den zweithöchsten Ausländeranteil aller Münchner Stadtteile. Auch deswegen wirkt die Gegend hier so schön bunt und ist sowas wie das Münchner Multi-Kulti-Vorzeige-Viertel. Nicht nur kulinarisch ist das eine echte Bereicherung – hier wird an jeder Ecke der "beste Döner der Stadt" verkauft.
Im Stadtbezirk 8 wohnen rund 30 000 Menschen. Flächenmäßig ist die Schwanthalerhöhe der kleinste Stadtteil, dementsprechend eng geht es hier zu. Mehr als 60 Prozent der hier wohnenden Menschen leben alleine. Im Schnitt wohnen hier etwas weniger Familien mit Kindern und auch die Geburtenrate soll geringer sein – von diesen Statistiken spürt man allerdings so gar nichts. Im Gegenteil: Hier wuselt es nur so vor Nachwuchs. Besonders an Orten wie dem Georg-Freundorfer-Spielplatz direkt an der U-Bahn oder bei der Schnecke auf dem Platz vor dem Verkehrsmuseum.
Anfang der 2000er zog es auch Künstler und Musiker verstärkt ins Westend, als die Mieten in den meisten anderen Vierteln nahe der Innenstadt immer teurer wurden. Zwar ist dieser Trend auch an der Schwanthalerhöhe nicht vorbei gegangen, die Durchschnittsmieten sind hier aber immer noch nicht ganz so happig wie in anderen zentralen Gegenden. Außerdem gibt es hier zahlreiche und wirklich wunderschöne Genossenschaftswohnungen.
Und wie es nun mal so ist, kommen mit den Kreativen auch die Bars und Cafés – und die gesamte Lebensqualität des Viertels steigt. In den letzten Jahren hat sich hier dementsprechend Einiges getan. Es gibt super nette Läden und Restaurants, man kann hier schick essen gehen, genauso wie den Tag im Café versandeln. Und dennoch ist alles nach wie vor ein bisschen entspannter, als beispielsweise am Gärtnerplatz oder in der Maxvorstadt.
Kein Wunder also, dass auch der Monaco Franze im Westend zur Welt gekommen sein soll. Laut seinem Erschaffer Helmut Dietl an der Ecke Kazmair- und Ligsalzstraße. Noch etwas, das die unprätentiöse Coolness vom Westend unterstreicht.
Vergnügte Fakten
ESSEN
Pancakes frühstücken im Lohner & Grobitsch | Regionales Mittagessen bei Heldenspeisen | Die besten Croissants in der Patisserie Amandine | Vegan schlemmen im Bodhi | Ramen und Sushi im S.A.M | Richtig gute Burger im King Loui
TRINKEN
Eine Mass im Biergarten am Bavariapark | Unaufgeregt trinken im Kilombo | Cocktails schlürfen im Josefa | Richtig gute Drinks in der Kongress Bar | Ein bis fünf Bier im Schwarzen Dackel | Weg- und Cornerbier vom King Butt
DRAUSSEN
Sonne tanken im Bavariapark | Es sich am Fuße der Bavaria gemütlich machen | Sonnenuntergang schauen auf der Hackerbrücke | Spaziergang durchs Viertel bis zum Westpark
SHOPPEN
Handgemachte Möbel und Wohnaccessoires bei Vindue | Second Hand Mode im Vinty's | Bücher stöbern im Buch & Bohne | Nähen und nähen lassen im Louloute | Handgemachte Drucksachen bei Herr und Frau Rio | Schicke Shirts bei Brosbi
KUNST
Kunst von jungen Leuten gucken im Köşk | Durch die vielen, kleinen Boutiquen und Ateliers schlendern | Großes Theater auf der vielleicht kleinsten Bühne Münchens schauen im Mathilde Westend