Das München ABC: F wie Föhn

© Flickr | Reinald Kirchner unter CC BY-SA 2.0

München ist wahnsinnig schön – und manchmal auch ein bisschen langweilig, spießig und streng. Zu sauber und zu geregelt. Wenn dir auch jedes Mal auf der Isar-Brücke die Knie weich werden und dich aber nichts mehr aufregt als unsere Öffnungszeiten, Tanzverbote und Mutlosigkeit, dann bist du hier genau richtig. In unserem ABC schreiben wir auf, was wir an dieser Stadt unendlich gut, aber auch ziemlich beschissen finden. Diesmal: Unser liebstes Wetterphänomen, der Föhn.

Biergarten, Brezn und Berge. Was wären wir nur ohne unsere Klischees? Dabei sind die Münchner ganz gut darin sich mit fremden Federn zu schmücken. Bier kommt ursprünglich aus dem Nahen Osten, die Breze haben die Schwaben erfunden und die Berge sind zwar nicht weit weg, aber dann doch ein paar Kilometer von der Stadtgrenze entfernt.

Es gibt aber Tage im Jahr, da wirkt diese Entfernung verdammt gering, da fühlt es sich an als läge München direkt am Fuße der Alpen. Zumindest, wenn man sich auf einen hohen Aussichtspunkt begibt und den Blick südlich gen Italien (hihi) richtet. Im Norden sieht man nur Stau auf der A9. Kein Wunder, dass wir uns immer ein bisschen mehr zu Italien hingezogen fühlen als, sagen wir mal, zu Berlin. Danke Merkel.

Der Föhn ist der Instagram-Filter unter den Wetterphänomenen: Schaut nach außen gut aus, ist aber alles nur heiße Luft.

Die grandiose Aussicht ist am Ende nur so etwas wie eine Fata Morgana, die nicht nur unseren Augen etwas vorgaukelt, sondern von der wir vor lauter Verwirrung auch noch Kopfschmerzen bekommen. Schuld an allem ist dann aber doch nicht Angie, sondern der Föhn. Der Fallwind, der bei der Alpenüberquerung zuerst abkühlt und sich am Weg hinunter aber wieder mächtig aufheizt, ist der Instagram-Filter unter den Wetterphänomenen: Schaut nach außen gut aus, ist aber alles nur heiße Luft.

Aber wenigstens sorgt der Gute dafür, dass München gemeinsam mit Freiburg die Stadt mit den meisten Sonnenstunden in Deutschland ist. Dass wir auch Spitzenreiter in Sachen Regen sind, muss man ja nicht dazu sagen. Wetter können wir jedenfalls. Der Föhn ist dabei unser Alleinstellungsmerkmal, denn im Normalfall reicht sein Einzugsgebiet nicht weiter als bis nach München.

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Langt aber auch, denn gutes Wetter macht doppelt so viel Spaß, wenn der Rest des Landes nichts davon hat und wir mit unseren braungebrannten Zeigefingern nicht nur die Sonnenbrillen hochschieben, sondern auch abfällig auf alle Anderen zeigen können, denen die Plattentektonik nicht so eine außerordentlich vorteilhafte geografische Lage beschert hat.

Er ist Smalltalk-Thema Level „Moritz Freiherr Knigge himself“. Wetter kann ja jeder.

Neben der schönen Aussicht, den warmen Temperaturen und der Ausrede, dass man übermorgen leider Kopfschmerzen hat und nicht zum Kegelabend mit den Kollegen des Lebensabschnittsgefährten kommen kann, hat der Föhn noch ein weiteres großes Talent.

Er ist Smalltalk-Thema Level „Moritz Freiherr Knigge himself“. Wetter kann ja jeder, aber wenn du plötzlich wortgewandt über den Föhn philosophierst und verständnisvoll die Wetterfühligkeit deines Gegenübers abnickst – obwohl es keinen wissenschaftlichen Beleg zum Zusammenhang von Föhn und Kopfschmerzen gibt – dann überstehst du auch die langweiligsten „Get Togethers“.

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Falls dir das nicht langt und du noch einen drauf setzen möchtest, dann wirfst du ein freches: „Übrigens, fun fact“, ein und spannst ganz einfach den Bogen dazu, dass Fön ein geschützter Markenbegriff ist und alle Hersteller außer Electrolux ihre Geräte als Haartrockner oder Heißluftdusche verkaufen müssen. Da wirst du direkt für den Small-Talk-Oscar nominiert, versprochen.

Fazit: Als Münchner ist man stolz auf den Föhn. Er ist ein Symbol unserer Einzigartigkeit und Überlegenheit, aber eben nicht so plump und naheliegend und vor allem nicht so ausgelutscht wie Bier und Brezn. Wenn der Besucher schon gelangweilt die Augen verdreht über Lobeshymnen an die Isar, den Englischen Garten, Sauberkeit und Gemütlichkeit, hat man mit dem Föhn wenigstens immer ein Ass im Ärmel – nämlich ziemlich viel heiße Luft.

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