Brot am Haken – Bestelle im Café für einen Bedürftigen mit
Hin und wieder überkommt mich dieses Gefühl, dass ich etwas Gutes tun möchte. Nicht für mich, sondern für Andere. Menschen, denen es vielleicht nicht ganz so gut geht wie mir. Ich bin nicht wohlhabend, aber ich habe dann doch alles, was ich brauche und kann mir etwas zu Essen kaufen, wann immer mir danach ist. Und hey: A Brezn a day, keeps the doctor away.
Wie genau, ich diesem Tu-etwas-Gutes-Drang dann nachkommen soll, weiß ich allerdings nicht. Manchmal lasse ich mein Kleingeld im Fahrkarten-Automat zurück – in der Hoffnung, dass sich jemand freut. Vor kurzem bin ich dann aber auf eine Aktion aufmerksam geworden, die mir genau diese Möglichkeit gibt und es mir noch dazu verdammt einfach macht. "Brot am Haken" ist so simpel wie effektiv.
Eins für mich, eins für dich.
Wenn du dir beim Bäcker eine Semmel, einen Kaffee oder sonst etwas kaufst, bezahlst du einfach für zwei und der Bon für die zweite Semmel, Kaffee oder sonst etwas wird auf einen Haken an einem Holzbrett gepinnt. Menschen, die sich den Besuch beim Bäcker oder im Café nicht so einfach leisten können, können es dann dank einem der Bons am Holzbrett.
Wo ist der Haken?
Initiator Michael Spitzenberger hat die Idee Ende 2014 aus Hamburg mitgebracht. Auch ihn begleitete der innere Impuls, sich sozial zu engagieren. Der Immobilienberater holte im Mai 2015 als erstes Lokal die Bäckerei Neulinger in der Volkartstraße ins Boot. Seitdem sind mittlerweile über 30 Bäckereien, Cafés und Restaurants in München am Start, zum Beispiel die Aroma Kaffeebar, die Bäckerei Alof, aber auch das Beirutbeirut und Ballabeni.
Der Erfolg äußert sich ganz unterschiedlich. Während es an manchen Standorten Wochen gedauert hat bis der erste Bon eingelöst wurde, ging es in anderen Lokalen ganz schnell. Kontrolliert wird das nicht. Michael möchte, dass "Brot am Haken" möglichst natürlich wächst und im Idealfall auch dazu beiträgt, dass die einzelnen Münchner Viertel ein bisschen mehr zusammenwachsen und die Leute sich offener begegnen.
Spontan stellt sich natürlich die Frage, wer die Leute sind, die die Bons einlösen. Darauf gibt es keine pauschale Antwort. Michael arbeitet mit der Tafel, Streetworkern und Altenzentren zusammen, um auf "Brot am Haken" aufmerksam zu machen. Er erzählt die Geschichte einer 90-jährigen Urmünchnerin, die aufgrund ihrer winzigen Rente kaum mehr am sozialen Leben teilhaben kann, weil es vorne und hinten nicht langt.
Ein Mal in der Woche nutzt sie das Angebot und kann dadurch einen Nachmittag im Café verbringen. Dabei liegt die Betonung auf "ein Mal in der Woche", denn die alte Dame möchte auch nicht gierig sein und anderen Bedürftigen einen Bon "wegnehmen". Über genau diese Einstellung freut sich Michael, denn dieses Projekt lebt von dem Gleichgewicht aus Geben und Nehmen und das funktioniert erstaunlich gut.
Jeden Tag 'ne gute Tarte.
"Brot am Haken" zeigt uns also, dass Helfen so einfach sein kann und es nicht um die Höhe des Betrags geht, sondern um die Geste an sich. Und viel mehr geht es darum, bedürftigen Menschen nicht ein paar Almosen hinzuwerfen, sondern ihnen zu ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Das ist bekanntlich viel mehr wert, aber sind wir mal ehrlich: Normalerweise ist uns die Hemmschwelle zu groß beispielsweise einen Obdachlosen nach seinen Bedürfnissen zu fragen. Wir werfen ihm höchstens ein paar Münzen in den Hut und fragen uns dann, was damit passiert.
Durch Michaels Initiative sinkt diese Schwelle ganz automatisch und irgendwie ist es auch spannend nicht zu wissen, wer den Bon für die Breze nun einlöst. Es reicht die Tatsache, dass es jemandem hilft. Für alle, denen das zu wenig ist: Michael hat das Projekt – mit der Unterstützung einiger engagierter Helferlein – so gut wie allein aufgezogen. Trotzdem wächst die Idee immer weiter und er wird in Zukunft in allen möglichen Bereichen auf engagierte Menschen angewiesen sein und freut sich über jede E-Mail. Wir gehen jetzt aber erst mal jede Menge Brezen kaufen!