Einmal durch sämtliche Epochen: Du bist Faust in der Kunsthalle
Zwischen all den teilweise schrecklich-ermüdenden Klassikern, die man im Deutschunterricht so lesen musste, war Faust immer die willkommene Abwechslung, das gar nicht mal so verstaubte Drama. Denn auch heute, über zweihundert Jahre nach der Veröffentlichung, scheinen manche hier behandelte Themen wie der Jugendwahn, ein unersättlicher Erlebnisdrang und Egoismus aktueller denn je.
Das dachte sich auch die Kunsthalle, die nun über zwei Jahre zusammen mit dem Forschungsverbund Marbach Weimar Wolfenbüttel, der Klassik Stiftung Weimar und dem Bühnenbildner und Künstler Philipp Fürhofer an der Ausstellung "Du bist Faust" gearbeitet hat. Und wie so oft (Peter Lindbergh, Jean Paul Gaultier) ist es dem Ausstellungshaus in den Fünf Höfen gelungen, sowohl Fans der Materie nicht zu enttäuschen als auch absolute Beginner für die Thematik zu begeistern.
Faust ausstellen, wie soll das denn gehen?, könnte man sich beim ersten Lesen denken. Nun die Ausstellung, die letzte Woche eröffnet wurde, zeigt mehr als 150 Kunstwerke – darunter Gemälde, Skulpturen, Fotografien, Filme und Grafiken – die sich mit dem Werk von Goethe auf verschiedene Arten auseinandersetzen. Das kann ein Mephisto-Portait von dem 1925 verstorbenenen Maler Eduard von Grützner sein oder eine Fotografie von Karl Lagerfeld, auf der Claudia Schiffer als Gretchen in Szene gesetzt ist.
Dabei sind Künstler aus aller Welt vertreten, auch viele große Namen hängen für die nächsten Monate in der Kunsthalle – Eugène Delacroix, Max Beckmann, Anselm Kiefer. Das schöne und auch ziemlich einmalige an der Ausstellung ist die wilde Mischung aus Stilen, Epochen und Kreativen. So ist das jüngste Werk keine vier Wochen alt und wurde direkt aus der Werkstatt in die Kunsthalle geliefert, das älteste mehrere Jahrhunderte. Manche kommen aus anderen Museen, aus Privatsammlungen, Skulpturen aus Gärten, Postkartensammlungen von Dachböden.
Jedes Zimmer in der Ausstellung widmet sich einem Charakter oder einer Szene im Drama und kommt dabei recht chronologisch daher. So werden in den ersten Räumen die Hauptfiguren Mephisto, Faust und Gretchen vorgestellt – jeweils natürlich mit einem passend roten oder schneeweißen Zimmer. Der Titel der Ausstellung ist schnell erklärt: Die Werke und die dazu passend konzipierten Räume sollen dem Besucher den Spiegel vorhalten, am Ende entscheidet er: Bin ich eigentlich mehr Mephisto, Faust oder Gretchen?
Zeitgleich: Das Faust Festival in München
So weit, so gut, aber Faust lässt sich ja nicht in einer einzigen Ausstellung abhandeln. Und deshalb hat sich Roger Diederen, der Direktor der Kunsthalle, noch etwas anderes überlegt: Das Faust Festival in München, bei dem wirklich jeder mitmachen kann. Im Moment sind über 200 Veranstalter mit 500 Programmpunkten dabei – von der Staatsoper bis zum kleinem Privattheater. Für das Festival wurde sogar ein eigenes Bier gebraut, dahinter steckt Wirt Christian Schottenhamel.
Und so erwarten euch bis Ende Juli nicht nur die tolle Kunsthallen-Ausstellung, die auch jenen ans Herz gelegt sein soll, die eher traumatisiert aus dem Deutschunterricht gingen (die Ausstellung ist viel breiter aufgestellt und gefällt auch Nicht-Germanisten, versprochen!), sondern auch jede Menge Theaterstücke, Konzerte, Lesungen, Partys, Diskussionsrunden und vieles mehr beim Faust Festival.
Du bist Faust. Goethes Drama in der Kunst | 23. Februar bis 29. Juli 2018 | Kunsthalle München | Theatinerstraße 8, 80333 München | Täglich: 10.00–20.00 Uhr | Regulärer Eintritt: 12 Euro, montags nur 6 Euro | Mehr Infos