Ökoesel in Neuhausen: Hier könnt ihr Bio-Lebensmittel günstiger kaufen
Beinahe läuft man vorbei am ÖkoEsel, der verborgen zwischen zwei grauen Hauswänden in der Helene-Weber-Allee liegt, würde da nicht einladend auf einer Tafel vor der Tür stehen: "ÖkoEsel, der etwas andere Bio-Laden." Wenn man neugierig geworden genauer hinsieht, bemerkt man farbenfrohe Farbkleckse von Obst und Gemüse, die nach draußen leuchten. Drinnen riecht es nach frischen Mandarinen, die Kathi für die Kunden zum Probieren geschält hat.
Worauf die Tafel vor der Tür anspielt ist das Mitgliedschaftskonzept des Ladens. Der ÖkoEsel ist der erste Bioladen Münchens, in dem man Lebensmittel für einen monatlichen Beitrag von 10 bis 15 Euro beinahe zum Einkaufspreis, das heißt um circa 30 Prozent günstiger als der gewöhnliche Ladenpreis, erhalten kann. Hannes und Kathi, die den Laden aufgebaut haben, war es wichtig, Bio-Produkte für alle bezahlbar zu machen.
Der Ökoesel organisiert auch Ausflüge zu den Lieferanten!
Frei nach dem Motto jeder kann, keiner muss, wird man im ÖkoEsel nicht zwangsläufig zum Veganer konvertiert, aber denjenigen, die mehr über ihre Lebensmittel erfahren wollen, beantwortet das ÖkoEsel-Team gerne alle Fragen wie: Wo kommen die Lebensmittel her? Wie wurden sie produziert? Können wir echt das Huhn kennenlernen, das unsere Eier gelegt hat? Hannes und Kathi haben immer eine Antwort parat (vom Feld nebenan, fair, na klar!). Weil sie ihre Lieferanten persönlich kennen und sich die Biobauernhöfe selbst angesehen haben, kommt ihr Wissen aus erster Hand.
Weil sie den Mitgliedern ermöglichen wollen, sich ihr eigenes Urteil darüber zu bilden, wie zum Beispiel die Tiere auf den Bio-Bauernhöfen leben, organisieren sie Ausflüge zu den Lieferanten.
Alle Lebensmittel sind regional, saisonal und biologisch angebaut, fair gehandelt und stammen aus einer ethisch vertretbaren Haltung der Nutztiere, von der Biene bis zur Kuh. Weil sie den Mitgliedern ermöglichen wollen, sich ihr eigenes Urteil darüber zu bilden, wie zum Beispiel die Tiere auf den Bio-Bauernhöfen leben, organisieren sie Ausflüge zu den Lieferanten. Es ist ein Versuch, der Distanz zum Produkt entgegenzuwirken.
"Ich glaube, dass man Lebensmittel mehr wertschätzt, wenn man miterlebt, wie aufwendig es ist, sie zu ernten und was an Arbeit dahintersteckt, alles anzupflanzen. Dass man wertschätzt, was andere Menschen dafür leisten und wie wertvoll Lebensmittel eigentlich sind", meint Kathi. Sie hat das selbst erlebt als sie ein paar Monate auf Bio-Bauernhöfen in Südafrika gearbeitet hat.
Mirabellen, Rezepte und Dorfidylle
Kathi plaudert mit den Mitgliedern außerdem gerne darüber, was man mit den Lebensmitteln Leckeres kochen kann. Das bleibt ein fortlaufend spannendes Thema, denn die Auswahl an Gemüse und Obst unterscheidet sich im ÖkoEsel saisonal bedingt manchmal von gewöhnlichen Supermärkten. Dann findet man im Winter Pastinaken statt Erdbeeren im Regal oder im Sommer mal keine Äpfel, weil die dann aus Neuseeland eingeflogen werden müssten.
Aber dafür vergessene Früchte wie Mirabellen (allein der Name liegt schon so schön vollmundig auf der Zunge) und allerlei Beeren, die taufrisch direkt vom Feld in den Laden geliefert werden. Ein Stück echte Dorfidylle bekommt man oben drauf und überlegt, sich verschwommen an Gerangel um die letzte Milch im Kühlregal und meterlange Schlangen vor der Kasse erinnernd, warum man je anders einkaufen war.
Was bedeutet denn eigentlich saisonal? Nicht nur, dass von Ostern bis Halloween keine Lebkuchen verkauft werden.
Der ÖkoEsel ist aber nicht nur eine Wohlfühloase für gestresste Hausmänner und –frauen. Das Konzept gibt auch Antworten auf Fragen, die wir uns viel zu lange nicht mehr gestellt haben. Was bedeutet denn eigentlich saisonal? Nicht nur, dass von Ostern bis Halloween keine Lebkuchen verkauft werden. Sondern auch, dass es in Europa trotz Klimawandel noch Jahreszeiten gibt und nicht jedes Gemüse eine Kartoffel ist, die das ganze Jahr über wächst.
Oder was hat Ethik mit Tieren zu tun? Was ist ethischer Umgang überhaupt? Mit Tieren? Miteinander? In jedem Schwung des tafelweißen "der etwas andere Bio-Laden" kann, wer hinsieht, eine Wahrheit sehen, die gar nicht so ungemütlich ist: Im ÖkoEsel wird der alltägliche Einkauf zu einer kleinen Bewegung in eine neue Richtung, erbringt im Kleinen einen Stein zum Rollen und das darauf eingemeißelte Sosein der Dinge verschwimmt im Rollen zum ignorierbaren Einheitsgrau.
Es steckt eine Idee hinter ihrem Konzept, die einfach wie blasphemisch ist: Konsum geht auch anders. Statt Produktüberflutung und grellen Sonderpreisschildern, bieten Kathi und Hannes eine kleine Auswahl qualitativer Produkte. Sie wollen einen Weg fern ab von Profitwettrennen und Massenkonsum finden. Dazu gehört für sie zum einen nur so viel zu bestellen, wie Nachfrage besteht.
Zum anderen nutzen sie Möglichkeiten wie die App TooGoodToGo um abends übrig gebliebenes Obst und Gemüse tütenweise zu einem günstigeren Preis anzubieten anstatt es wegzuschmeißen. Durch das Mitgliedschaftskonzept, finden Hannes und Kathi, sehen sie die Menschen, die in ihren Laden kommen, weniger als Kunden, denen sie etwas verkaufen müssen.
Statt Produktüberflutung und grellen Sonderpreisschildern, bieten Kathi und Hannes eine kleine Auswahl qualitativer Produkte.
Diese andere Form des Wirtschaftens hat Hannes überhaupt erst motiviert, das Projekt zu starten. "Für mich bedeutet das, im Hier und Jetzt ansatzweise so was wie eine Utopie zu leben, wenn man’s sehr positiv ausdrücken möchte," sagt er. Besonders ist an ihrem Konzept auf jeden Fall der Gemeinschaftsgedanke. Als sie vor drei Jahren angefangen haben, kannten sie noch hofladenmäßig alle beim Namen. Mittlerweile haben sie über 200 Mitglieder.
Die Mitglieder sind ein Teil vom Ökoesel
Da würde das mit den Namen etwas schwieriger werden, meint Kathi lachend. Was aber zählt ist, dass die Mitglieder des ÖkoEsels in alle Prozesse miteingebunden werden. Transparenz ist die grundlegende Idee. Nicht nur können die Mitglieder mitbestimmen, welche Produkte angeboten werden sollen, sie können auch die Einkaufspreise einsehen und wozu der geringe Aufpreis notwendig ist.
Das Gemeinschaftsgefühl macht das familiäre Flair des Ladens aus. Wenn manche der Mitglieder morgens so früh dran sind, dass die Lieferanten gerade erst Obst und Gemüse vorbeibringen, helfen sie Kathi und Hannes oft beim Ausladen und Einräumen. Und auch beim Umzug in den größeren Laden im Herbst 2018 wurde das ÖkoEsel-Team von einigen Mitgliedern unterstützt. Solidarität für einander bedeutet im ÖkoEsel auch, dass der Mitgliedsbeitrag nach Selbsteinschätzung gezahlt werden darf, damit sich wirklich jeder den Einkauf dort leisten kann.
Irgendwann in der Zukunft wollen Hannes und Kathi es ermöglichen, dass Mitglieder statt den Beitrag zu zahlen, ein paar Stunden im Monat mitarbeiten. Das ist in Deutschland allerdings rechtlich nicht ganz einfach und es gibt für die beiden weitere Papierberge zu besteigen. Die wachsenden Mitgliederzahlen zeigen aber jetzt schon, dass ihr Konzept gut ankommt. In den letzten drei Jahren ist der ÖkoEsel zu einem kleinen, feinen Laden geworden, der die Leute aus dem Viertel zusammenbringt und aus dem man mehr mitnimmt als eine Papiertüte voll Äpfel.
ÖkoEsel | Helene-Weber-Allee 17, 80637 München | Montag, Mittwoch & Freitag: 10.00–19.00 Uhr| Mehr Infos