Femme Power: Fünf junge Münchnerinnen gründen den Verlag &Töchter
Fünf Frauen, alle Mitte Zwanzig, sitzen zusammen und malen sich ihre Zukunft aus. Sie studieren Buchwissenschaften und mit so einem Studium endet man zumeist bei irgendwelchen Jobs, die etwas mit Büchern zu tun haben. In Verlagen zum Beispiel. Jetzt ist das Verlagswesen aber immer noch eine Branche, die von alten, weißen Männer auf breiten Chefsesseln beherrscht wird und das obwohl 80 Prozent aller Mitarbeiter*innnen in Verlagen Frauen sind. Nicht die rosigsten Aussichten für fünf kreative, motivierte, junge Frauen. Also stehen sie auf und gründen ihren eigenen Verlag: &Töchter.
&Töchter: die schöne Inkarnation des verstaubten Verlagswesens
Die Freiheit frei zu sein – wie Hanna Arendt mal so schön schrieb, ist vor allem eine die man sich selbst geben muss. Ziemlich freigeistig ist &Töchter daher auch und anders als die zahllosen Verlage, an deren Namen wir uns selbst bei unseren Lieblingsbüchern nicht erinnern können. &Töchter will mehr sein als reine Produktionsstelle neuer Geschichten: Wenn Elena, Laura, Sarah, Jessi und Lydia zusammensaßen und über ihre Zukunft nachgedacht haben, dann haben sie sich einen Verlag ausgemalt, der Literatur so feiert wie sie selbst. Der dem geschriebenen Wort seine Lebendigkeit zurückgibt. Ein Verlag, von dem man ein Bild hat, dessen Logo man sich als Sticker auf den Laptop klebt, weil man ihn so cool findet.
Ihr erstes Projekt als Verlegerinnen war nicht etwa ein Buch, sondern Rauschen&Töchter – eine Vorlesungsreihe, die überall nur nicht in klassischen Veranstaltungssälen stattfindet. Stattdessen zum Beispiel in einem Gemüseladen, einem Club und in einem Boxring! Lesen darf dort jede*r, der vorher einen Text einschickt. Rauschen&Töchter ist deshalb nie gleich und immer eine spannende Nummer, auch für die fünf Gründerinnen.
Wir können gar nicht sagen wie es wird, weil wir alles zum ersten Mal machen.
Bei ihrer letzten Lesung im Prygoshin wurde hinter einem Vorhang gelesen, auf den digitale Kunst projiziert wurde. Das kommt nicht nur artsy rüber, sondern ist auch praktisch: „Zum ersten Mal im Stillen sein eigenes Wort vorzulesen wird dann viel leichter", findet Lydia. Dazu gab es gut zu trinken, und eine Schreibmaschine, die nur Großbuchstaben schreibt. Auf der darf jeder ein bisschen rumtippen – am Ende des Abends ist eine neue Geschichte entstanden, an der alle mitgeschrieben haben. So machen fünf coole Girls, die Spaß an der Sache haben, jeden Rauschen&Töchter Abend zu einem, über den am nächsten Tag geredet wird.
Statt Netflix und Bett, Bücher im Club
Und genau darum geht es den jungen Verlegerinnen: dass Bücher und Geschichten wieder etwas werden, das wir zusammen erleben können und worüber wir reden wollen. Denn, auch wenn wir uns viel öfter über Serien austauschen, ist tatsächlich die Buchbranche von allen Medienbranchen in Deutschland die Größte. Größer als die Musikbranche und auch größer als Film und Fernsehen. „Es lesen also noch viele Leute, es ist nur einfach kein Gesprächsthema mehr“, meint Elena.
Dagegen hat man über einen Rauschen&Töchter Abend viel zu sagen. Und ihr habt Glück: Das nächste Rauschen&Töchter findet schon am Freitag, den 29. November 2019 statt! Ihr könnt euch einfach mit einer E-Mail an: [email protected] mit dem Betreff: "Rauschen am Freitag", oder ihr meldet euch über den Newsletter an! Diesmal gibt's neben schönen Worten ein weiteres Zuckerl für die Ohren: Der Musiker Saguru spielt für euch auf, im Boxring vom Mariposa Boxring Club, wo die Lesung diesmal stattfindet!
Seit aller Neuestem machen die fünf außerdem einen Podcast mit dem blumigen Namen plauschen&Töchter. Da geht es nicht in erster Linie um Literatur, sondern vor allem darum Gesicht bzw. Stimme zu zeigen und ein bisschen greifbarer für die Leute zu werden. Sie treffen sich auf Tee und Kuchen und quatschen einfach mal drauf los über ein Thema, das jedes Mal jemand anderes vorbereitet. Mal geht es um Feminismus, mal um Freundschaft – gut anhören kann man sich das in jedem Fall!
Irgendwann hat man es raus und merkt, dass man sich einfach trauen muss.
Tatsächlich feiern die Mädels nicht nur rauschende Literaturfeste mit uns und quatschen bei Tee und Kuchen ins Mikro, sondern machen jetzt auch was Verlage so machen: Sie arbeiten an Manuskripten. Als die ersten Artikel über sie rauskamen wurden sie regelrecht überschwemmt von tollen Manuskripten. Jetzt haben sie sich auf zwei Projekte festgelegt und arbeiten auf das nächste riesige Ziel hin: Bei der Frankfurter Buchmesse nächstes Jahr dabei zu sein.
&Töchter zeigt die aller schönste Seite des digitalen Wandels: Wenn man die Möglichkeiten anpackt, dann kann man dort alles werden. Und wenn man mit Büchern arbeiten und trotzdem rauschende Feste feiern will, dann passen Geschichten auf einmal genauso gut in Clubs wie Schallplattenbeats. Dazu braucht man nur noch den Mut ins kalte Wasser zu springen und etwas wagemutig zwischen Neuland und ersten Fehlern durchzusteuern, ein großes Abenteuer ist es halt. „Wir können gar nicht sagen wie es wird, weil wir alles zum ersten Mal machen“, meint Lydia. Und Elena fügt an: „Irgendwann hat man es raus und merkt, dass man sich einfach trauen muss.“
Die Ménage aus digitaler Leichtigkeit und der schönen Haptik analoger Bücher funkt einfach
Zwischen all den Start-ups und Pop-ups und Independent Verlagen, die gerade en masse entstehen, lässt sich die Lässigkeit, mit der die fünf dieses Projekt wuppen, ziemlich bewundern. Und das neben Masterstudium und Nebenjobs. Wenn wir doch alle so wagemutig wären. Vielleicht ja beim Rauschen&Töchter diesen Freitag? Das steht nämlich genau unter diesem Motto: "Alles schmeckt süßer durch Risiko." Mit diesen Worten von Alex Smiths wird die Lesung im Boxring angekündigt. Lieber nicht verpassen!
Rauschen&Töchter | Freitag, 29. November 2019: 20.30 Uhr | Mariposa Boxing Club | Geretsrieder Straße 10a, 81379 München | Die Veranstaltungen laufen als private Events, anmelden könnt ihr euch hier über den Newsletter | Eintritt: 5 Euro | Mehr Info
Hier könnt ihr in den Podcast reinhören: