Kotzhügel, Schlägereien und teures Bier: Die Wiesn gehört abgeschafft!
Anfang Mai wird München entscheiden, ob das Oktoberfest nach über zwei Jahren wieder stattfinden kann. Wir haben in der Redaktion mal nachgefragt, wie die Meinungen so liegen. Unser Autor Dominik Schelzke findet, die Wiesn sollte wieder stattfinden. Zuerst aber mal unsere Autorin Lena Bammert: Sie plädiert für ein klares Nein – für immer.
Ja, richtig gelesen – die Wiesn sollte nie wieder kommen. Bitte, jetzt keinen Bierkrug nach mir werfen, auch keine Petitionen starten, die mir meinen Status als Münchner Kindl aberkennen sollen. Lasst mich meine Argumente vorbringen. Sie starten mit Erbrochenem, gewinnen anschließend aber an Substanz, versprochen.
Traurige Zahlen bis zum Schluss
Hält man sich zur Wiesn-Zeit in München auf, gibt es kein Entkommen vor den Pfützen. Sie liegen an Tram- und U-Bahnstationen, teilweise landen sie auch in Dirndl-Ausschnitten. Vorglühen. Maß exen. Wiesn-After-Party. Es ist eine Dreifaltigkeit, die regelmäßig im Krankenhaus und noch öfter in Kotze endet.
Und von was? Von Bier, das jedes Jahr teurer, aber kein Stück besser oder voller wird. 10,80€ bis 11,80€ die Maß. Langsam gleicht sich der Bierpreis den Münchner Mieten an. Gleiches bei der Brotzeit. Die Trinker*innen zahlen absurde Summen für Schweinsbraten, Knödel und Co., welche anschließend halbverdaut auf ihrer Lederhosen landen – womit wir wieder beim obigen Punkt wären. Das Teufelsrad lässt grüßen.
124 Ochsen, 29 Kälber und 509.420 Hühner grüßen übrigens niemanden mehr.
124 Ochsen, 29 Kälber und 509.420 Hühner grüßen übrigens niemanden mehr. Die sind für die Wiesn 2019 draufgegangen. Hier nochmal Worte, statt Zahlen, das knallt ja manchmal mehr: Eine halbe Million Hühner sind tot. Wegen einmal Wiesn.
Man kann mit den traurigen Zahlen weiter machen, wenn man will, und ich will. Und spätestens jetzt sollte es für alle erschütternd werden. Die Halbzeit-Bilanz des letzten Oktoberfests: Nach acht Tagen verzeichnete das Polizeipräsidium 25 Sexualdelikte, davon drei Vergewaltigungen. Dunkelziffer unbekannt. Auf der Wiesn gehört sogenanntes andatschn und bussln zum guten Ton. Auch deswegen sollte es endlich mal still werden fürs Oktoberfest.
Seit 2003 gibt es übrigens das Angebot „Sichere Wiesn für Mädchen und Frauen“ der Münchner Vereine Amyna, IMMA und des Frauennotrufs. Im Servicezentrum der Wiesn befindet sich ein Security Point. Dort bekommen Frauen und Mädchen anonym Hilfe von Psychologinnen und Sozialpädagoginnen, können ihr Handy aufladen oder sich kostenlos den Heimweg organisieren lassen.
In der Gegenwart sieht es übrigens nicht rosiger aus, eher schneeweiß.
Nach diesen Informationen muss man auf der offiziellen Webseite des Oktoberfests gezielt oder sehr lange suchen. Das offizielle Plakat für die Wiesn 2022, die „100 schönsten Oktoberfest-Momente“ oder der Shop mit Oktoberfestkrügen sind da einfach wichtiger.
Apropos Krug. Gewalt gehört auf der Wiesn so sehr dazu, dass „Masskrugschlägereien“ als Kategorie gesondert gezählt werden – 32 mal verprügelten die Gäste sich 2019 mit Bierkrügen. Insgesamt kam es zu 263 Körperverletzungen. Tolle Veranstaltung, vorbildliche bayerische Tradition, danke Stadtverwaltung München.
Zu viel Kriminalität auf allen Ebenen
In der Gegenwart sieht es übrigens nicht rosiger aus, eher schneeweiß. Anfang Februar wurde der Wirt des Schützenfestzelts wegen eines Koksdeals verurteilt. Oans, zwoa, drei - gschnupft! Bayern, des samma mir, Bayern und des bayrische Koks-Bier. Egal, wie schön ich Volkslieder umdichten kann, das Oktoberfest wird immer dichter sein.
Die Wiesn gehört abgeschafft. Zu viel Er- und Zerbrochenes, zu teures Bier, zu viel selbstverständliche Gewalt. Als Münchner Kindl darf ich das qua Geburtsrecht fordern und tue es hiermit ausdrücklich.