Ein Gedankenspielplatz der unbegrenzten Möglichkeiten: Das neue Zirka
"Verrückt, ich hab keinen Schimmer, was hinter dieser Tür steckt." Besagte Tür ist grün lackiert und auf einer Höhe von drei Metern nur durch eine ebenso grüne Stahlleiter zu erreichen – und ganz offensichtlich länger nicht erreicht worden. Wenn Thomas Schamann durch die nicht enden wollenden Räume, Hallen und Gänge des neuen Zirka im Kreativquartier an der Dachauer Straße läuft, findet er immer noch Ecken, die er nicht gesehen hat. Und das, obwohl er und seine fünf Mitstreiter*innen (Cornelia Breinbauer, Tobias Tzschaschel, Felix Flemmer, Peter Pazmandi und Christian Marquart) schon Anfang des Jahres in die "Halle 23" gezogen sind. Dafür ist das ehemalige Gebäude der Stadtentwässerung einfach zu riesig.
Endlich mal keine Zwischennutzung
Riesig sind demnach auch die offensichtlichen Möglichkeiten. Oft war man in den letzten Jahren in industriellen Flächen wie diesen gestanden, hat Tatendrang und Kreativität der neuen Mieter*innen bewundert, nur um abschließend zu hören, dass es sich hier um eine Zwischennutzung von einem Jahr – oder zwei oder drei Jahren – handelt. Das ist beim Zirka anders. Dieser Ort wird mindestens fünf Jahre existieren. Ein Segen für alle Kreativschaffenden der Stadt. Auch wenn es aktuell noch nicht vor Ort zu sehen ist, kann München sich sicher sein, dass die neu gegründete "Experimental Exchange GmbH" aus dieser Location alles Mögliche rausholen wird.
Hinter dieser Firma stecken die anfangs erwähnten sieben Gesellschafter*innen, die seit Jahren Münchens Kulturszene bereichern und bestimmen. Sei es durch eigene Konzerte und Veranstaltung oder als Verantwortliche im Cucurucu und Radio 80000. Hier versammeln sich Visionen. Das ist auch am imaginären Klingelschild abzulesen. Einige Ateliers und Büros sind nämlich bereits in den ersten Tagen eingezogen. Da wäre einmal die Werkstatt von Naiv Studios, eventuell aufgrund ihres Talents für Bühnenbau schon komplett eingerichtet. Oder das Studio vom Label Squama Recordings, mit Holzdielen und Deckenfenstern vielleicht der schönste Raum im Zirka.
Einige Kreative sind schon eingezogen
Dabei würde das "Putzteam" um Felix Flemmer und Thomas Schamann wohl widersprechen, der aktuell schönste Raum ist vielleicht auch der Co-Working-Space. Er ist nämlich schon fertig. Wo jetzt zwischen hohen, weißen Wänden sechs Arbeitsplätze genutzt werden können, wurden früher Maschinen der Stadtentwässerung geschweißt, die Sauerei muss unvorstellbar gewesen sein. Alles überzogen mit einer Schicht aus Industriefett und Staub, höllisch zu reinigen vor allem die Dachflächenfenster. Wäre nicht Winter, es würde inzwischen wieder die Sonne durchbrechen. Weitere Büros und Ateliers haben zum Beispiel "Alternative Fakten", Mira Mann oder das Modelabel "Form of Interest" bezogen. Circa zehn Künstler*innen arbeiten inzwischen im Zirka. Die "SAFE Agency", die unter anderem für das Monticule Festival verantwortlich ist, richtet gerade das ehemalige Mitarbeiter-Theater her. Mit Empore und allem.
Die restlichen großen Räumlichkeiten (samt entstehendem Foto- und Radiostudio) bleiben vorerst beim Zirka. Dem Namen nach soll das "Zentrum für interdisziplinäre Raum- und Kulturarbeit" ja auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Soll Brücken schlagen zwischen Subkultur und Hochkultur, zwischen Bildender Kunst, Musik, Theater, Performance und Tanz. Bis hier getanzt und ausgestellt wird, dürften noch einige Monate vergehen, dafür gibt es in der Bürokratie zu viele Vorgaben, die zu erfüllen, und zu viele Genehmigungen, die einzuholen sind.
Die Nutzungsmöglichkeiten sind quasi unbegrenzt
Es bedarf jedoch keiner großen Kreativität, sich die voluminösen Hallen als Gastronomie vorzustellen. Ließe man ihr freien Lauf, der Fantasie wäre auf dem Gedankenspielplatz keine Grenzen gesetzt. Sei es ein Raum zum kulturellen Austausch für Kinder oder ein hippes, inklusives Restaurant, im Zirka ist noch alles möglich. Und mehr. Von den 3800 Quadratmetern werden gerade "nur" 2000 genutzt. Dachgeschoss und Keller sind noch abgeschlossen. Aber vielleicht öffnet Thomas Schamann einfach in einigen Monaten ein paar weitere unbekannte grüne Türen.