Kunst statt Kaffee: Die Kunstkioske in den Münchner U-Bahnhöfen

© Lena Wachter

Früher hat man hier ein Ticket gekauft und sich mit heißem Kaffee und Brezn versorgt: Die Kioske an den U-Bahnstationen. Doch 31 von ihnen stehen seit einiger Zeit leer. Damit das nicht so bleibt, haben die Stadtwerke München gemeinsam mit der PLATFORM München und dem Berufsverband Bildender Künstlerinnen und Künstler München und Oberbayern e.V. das Projekt "Kunst Kioske" ins Leben gerufen. An zehn Stationen in der Stadt durften Künstler*innen ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Und das kann sich sehen lassen. Wir sind los gedüst und haben uns einige von den Kunstwerken mal genauer angeschaut.

Den Architekten des Nordfriedhofs bei seiner Arbeit beobachten

Für die Olympiaspiele 1972 erbaut, galt die U6 als Prototyp des Münchner U-Bahnnetzwerkes. Am Nordfriedhof haben wir den Architekten Paolo Nestler bei seiner Arbeit beobachtet. Er konzipierte in den 60er Jahren die meisten Stationen der Linie U6 und wacht nun – 51 Jahre später – im Kiosk über sein Bauwerk. Doch nur scheinbar. Seine Augen sind auf einen Monitor gerichtet, welcher die Gleise zeigt. Allerdings bleiben sie stets menschenleer. Alexander Steig, der Künstler dieses Kiosks, will damit auf die Themen Kontrolle, Wahrnehmung und Mitbestimmung in der Gesellschaft aufmerksam machen.

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Alexander Steig | Kunstkiosk an der U-Bahn-Station Nordfriedhof

Asyl beantragen in der Brudermühlstraße

Weiter ging die Fahrt Richtung Süden: Wer Sehnsucht nach einem anderen Land hat, kann in der Brudermühlstraße einen Asylantrag der besonderen Art stellen. Nämlich für Arkadien – eine utopische Idylle voller Harmonie und unberührter Natur. Die meiste Zeit ist die Botschaft von Arkadien allerdings geschlossen. Somit wird den Asylsuchenden der Zugang zu einer besseren Welt verwehrt. Der Künstler Peter Kees will damit auf die vielen Schicksale von Flüchtlingen aufmerksam machen – also ein hochaktuelles Thema. Die Hoffnung aufgeben sollte man nie, denn jeden Donnerstag von 13–14 Uhr ist Peter persönlich vor Ort. Dann öffnet die Embassy ihre Tore zu einem goldglänzenden Raum. Und wer weiß, vielleicht wird euer Antrag nach Arcadia dann genehmigt?

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Peter Kees | Kunstkiosk an der U-Bahn-Station Brudermühlstraße

In Erinnerungen schwelgen an der Messestadt Ost

Bis 1992 war der internationale Münchner Flughafen in Riem stationiert. Wer von euch kann sich noch daran erinnern? Spätestens im Kunstkiosk an der Messestadt Ost wird eurem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen. Und wer noch nie davon gehört hat, bekommt hier Stadtgeschichte To-Go. Wie hat sich die Umgebung des Stadtbezirkes in den Jahren entwickelt? Auf vielen Bildercollagen könnt ihr die Veränderungen sehen. An ausgewählten Tagen ist die Künstlerin Paula Leal Olloqui vor Ort und ihr könnt eine der Fotografien mit persönlicher Signatur ergattern.

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Paula Leal Olloqui | Kunstkiosk bei der U-Bahn-Station Messestadt Ost

Discounter-Schnäppchen trifft auf High Fashion in Josephsburg

Verführerisch und verwirrend zugleich designte Michael von Brentano den Kunstkiosk an der Station Josephsburg. Damit will er die heutige Gesellschaft abbilden und die Auswahl an Möglichkeiten, die wir doch haben: Was wollen wir Essen, anziehen und arbeiten? Bei der Menge an Optionen hat man leicht die Qual der Wahl. Während wir auf die U-Bahn warten haben wir uns durch die verschiedenen Magazine gestöbert. Von der Vogue über Sachblätter und Discounter-Angebote ist wirklich alles dabei. Das Gute: Man muss gar nicht blättern. Aus Magazinen aller Art hat Michael Schnipsel an die Scheiben geklebt. Na bei welcher Zeitschrift bleibt ihr länger hängen?

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Michael von Brentano | Kunstkiosk bei der U-Bahn-Station Josephsburg

Weiße Lilien am Josephsplatz bestaunen

Am Josephsplatz wird man nicht mehr durch den Geruch von frisch gebrühtem Kaffee wach sondern vom süßen Duft dieser Blumen. Hier ist der Kiosk nämlich mit ganz vielen weißen Lilien gefüllt. Doch leider sind sie nicht von Dauer. Genau wie alle anderen Pflanzen, Menschen, Tiere und sogar unsere Welt. Bis die Kioske wieder leer stehen, schauen wir den wunderschönen Lilien beim Verwelken zu. Eine Kunstinstallation der natürlichen Art und Weise, die uns zum Nachdenken über die Vergänglichkeit des Lebens anregen soll. So schätzt man das Schöne doch gleich noch mehr.

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Martin Schmidt | Kunstkiosk bei der U-Bahn-Station am Josephsplatz

Im Wunschkiosk am Hasenbergl über das München von Morgen diskutieren

An der Schwanthalerhöhe ist der Kiosk wegen Überfüllung geschlossen – oder ist das wohl eine Anspielung auf das Münchner Nachtleben? Kommt vorbei und lasst euch anziehen von einem Raum im Raum verziert mit Spiegelwänden. Und wenn euch ein Wunsch auf dem Herzen liegt, dann schaut beim "Wunschkiosk" am Hasenbergl vorbei. Simone Egger und Christian Weiß öffnen dort regelmäßig die Schiebetüren und treten mit euch in den Austausch. Welche Ideen und Wünsche habt ihr für das München von Morgen? Die zehn Kioske sind nicht nur kunstvoll gestaltet, sondern haben eben immer eine Message im Gepäck. Allen Menschen kostenlosen Zugang zu Kunst und Kultur ermöglichen – das ist das Ziel des Projektes und schmeckt fast besser als Kaffee. 

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Simone Egger und Christian Weiß | Kunstkiosk an der U-Bahn-Station Hasenbergl

"Kunst Kioske" ist ein Projekt auf Zeit

Wer alle zehn Kunstkioske besichtigen will, sollte sich beeilen. Bis zum 26. Oktober sind die Kioske Josephsplatz, Josephsburg, Petuelring und Nordfriedhof mit Kunst gefüllt. Die Ausstellungen in der Brudermühlstraße, Hasenbergl, Messestadt Ost, Michaelibad, Quiddestraße und Schwanthalerhöhe gehen noch bis zum 15. Dezember.

Wann die Kioske dann saniert werden und euch wieder mit Kaffee und Brezn versorgen, ist noch unklar. Bis dahin genießen wir die Ausstellungen und wer weiß, vielleicht zieht in andere Kioske ja auch noch die ein oder andere Kunst ein? Schöner und spannender als geschlossene Kioske wäre das auf jeden Fall!

"Kunst Kioske" | PLATFORM | Mehr Infos

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