11 Theaterstücke im Januar und Februar 2023, die ihr euch anschauen solltet
Unter euren Neujahrsvorsätzen sollte ganz fett "Theater" stehen, denn gleich im Januar und Februar regnet es tolle Theaterstücke in Hülle und Fülle. Mal befinden wir uns in New York, mal in einer Unterwasserwelt. Oft geht es um Liebe, aber tut es das insgeheim nicht immer? Teilweise geht es aber auch um puren Sex. Die kalten Wintermonate werden so ganz schön aufgeheizt von den Münchner Theaterhäusern und wir verprassen eh für nichts lieber unsere Weihnachtsgroschen als für kulturelles Vergnügen.
1 "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas" – Metropol
Wer den Hit "All You Need Is Love" aus der Weihnachtszeit noch in den Ohren klingeln hört, wird sich im Metropol wohl fühlen. In "Die Wiedervereinigung der beiden Koreas" geht es nämlich um die Liebe – in all ihren Facetten. Knapp zwanzig schnelle Szenen gestalten den Abend, in denen wir den unterschiedlichsten Menschen und ihren Geschichten begegnen. Die einen trennen sich, die anderen finden sich. Der Text von Joël Pommerat nimmt das, wonach wir uns doch alle irgendwo sehnen, genauestens unter die Lupe und liefert Beobachtungen, die manchmal tragisch, manchmal komisch daher kommen.
2 "Das Vermächtnis" – Residenztheater
Mit seinem mehrfach ausgezeichneten Theaterstück "Das Vermächtnis" gelingt dem amerikanischen Dramatiker Matthew Lopez ein Meisterwerk des Storytelling: ein Bühnenepos in zwei Teilen, in dem Figuren aus unterschiedlichen Milieus und Generationen in spannungsreichen und humorvollen Szenen aufeinandertreffen. Sie alle verbindet die Sehnsucht nach einem glücklichen Leben, romantischer Liebe und einem sicheren Platz in der Welt. Dabei verwebt Lopez geschickt Zeitebenen, Handlungsstränge und politische Ereignisse wie die Aids-Epidemie Ende der 1980er Jahre oder die Wahl Donald Trumps und die Suche nach einem solidarischen Miteinander zu einer vielschichtigen Erzählung.
Natürlich kann man so viel Inhalt, nicht in zwei Stunden unterbringen, deswegen ist das Stück zweigeteilt. Die beiden Teile werden sowohl als Doppelvorstellung als auch einzeln an aufeinanderfolgenden Tagen gezeigt. Für die jeweiligen Vorstellungen könnt ihr Karten separat oder im Paket kaufen.
3 "Hildensaga" – Volkstheater
In Ferdinand Schmalz' "Hildensaga" brechen zwei Königinnen aus den Fängen ihrer eigentlichen Bestimmungen aus und finden ihren eigenen Weg. Das Stück ist quasi eine feministische Neubearbeitung des berühmten Nibelungen-Mythos. Brünhild, die starke, schöne und unbezwingbare Königin von Island, soll gegen ihren Willen endlich verheiratet werden, während Kriemhild sich Hals über Kopf in den Falschen verliebt. Aus den beiden Frauen, die sich zu Beginn des Abends als Konkurrentinnen gegenüber stehen, werden im Laufe des Stücks Verbündete, die toxische Verhaltensweisen aufdecken und so nicht mit sich umgehen lassen. Jawoll!
4 "8 1/2 Millionen" – Volkstheater
Habt ihr auch manchmal das Gefühl, im falschen Film zu sein? Dem Protagonisten im Stück "8 1/2 Millionen" geht es seit einem Unfall jedenfalls so. An die Truman Show erinnernd, kommen ihm seine Mitmenschen vor wie Statist*innen und Ereignisse scheinen einstudiert. Als Entschädigung für den Unfall hat er ganze achteinhalb Millionen Pfund bekommen, die ihm allerdings nicht viel bringen, da er es einfach nicht schafft, wieder in der Realität anzukommen. Als sich auf einmal ein Déjà-Vu zurück in seine Erinnerungen schleicht, setzt er alles daran, daraus eine Wirklichkeit erwachsen zu lassen. Er heuert Schauspielende an, baut Kulissen auf und spielt den Gedächtnisschnipsel immer akribischer nach. Aus der totalen Entfremdung wird ein manischer Kontrollwahn der Wirklichkeit – bis alles aus dem Ruder läuft.
5 "Väter und Söhne" – Teamtheater
Das Theaterstück "Väter und Söhne" ist nur etwas für euch, wenn ihr Weihnachten wirklich besinnlich mit der Familie verbracht habt. Sonst streut der Abend eher Salz in noch offene Wunden. In seinem bedeutendsten Roman erzählt Iwan Turgenjew nämlich vom komplizierten Verhältnis zwischen den Generationen, von erträumten und gescheiterten Lebensentwürfen und von einer Gesellschaft, die sich selbst sowie ihre Werte und Ziele radikal neu befragen muss. Ausgangssituation ist die Rückkehr aus Moskau zweier studierender Söhne zu ihren Eltern in die russische Provinz. Auf dem Land rutschen sie wieder in die Welt, aus der sie sich eigentlich zu befreien versuchen.
6 "Der Stiefel und sein Socken" – Residenztheater
Im Residenztheater gibt es im neuen Jahr das vielleicht persönlichste Stück von Herbert Achternbusch zu sehen, der im Januar 2022 verstorben ist. "Der Stiefel und sein Socken" erzählt autobiografisch von der Zweisamkeit des Dichters Herbert und seines Lebensmenschen Fanny. Außerhalb ihrer Bubble scheint es für die beiden nichts zu geben und wenn die andere Welt doch mal anklopft, wird sie schlichtweg in das Schauspiel ihres Lebens integriert. Was jedoch über ihrer Traumwelt wabert, ist die Angst, irgendwann ohne den*die Andere*n sein zu müssen. Oder wie Achternbusch schreibt: Plötzlich steht der Stiefel ohne seinen Socken da.
7 "La Mer Sombre" – Kammerspiele
Claude Cahun war eine französische multidisziplinäre Künstlerin, die vor allem im avantgardistischen Paris der 1920er und 1930er Jahre aktiv war. Ihre Selbstportraits wurden international ausgestellt und bewegen sich jenseits von binären Geschlechterrollen. In "La Mer Sombre" wälzt sich ihr lyrisches Ich zwischen Schein und Sein hin und her, schlüpft dabei in verschiedene Charaktere und beschäftigt sich besonders mit dem Mythos des Narziss. Für die Kammerspiele bedeutet das ein bildgewaltiges Feuerwerk auf der Bühne!
8 "Joy 2022" – Kammerspiele
"Joy 2022" an den Kammerspielen ist kein Stück für schwache Nerven: Stroboskop und sexuelle Darstellungen beziehungsweise viel nackte Haut können schnell für Unruhe sorgen. Gemeinsam mit Akteur*innen der Sexpositiv-Szene und altbekannten Ensemblemitgliedern erkundet der Choreograf Michiel Vandevelde das heutige Verständnis von Intimität. Dabei wird weniger geschauspielert im herkömmlichen Sinne, vielmehr werden Text, Tanz und sexuelle Praktiken zu einer feucht-fröhlichen Feier des körperlichen Vergnügens collagiert.
9 "Bühnenpolka" – Heppel & Ettlich
Im Heppel & Ettlich gibt es auch 2023 wieder Improtheater, bei dem sicher kein Auge trocken bleibt! An drei Abenden im Januar und Februar lässt die "Bühnenpolka"-Crew dabei das Publikum bestimmen, was on stage passiert. Also überlegt euch schon vorher lustigen Input für einen einzigartigen Abend, denn ihr habt sprichwörtlich die Fäden in der Hand.
10 "Alles ist aus, aber wir haben ja uns" – Volkstheater
Nach dem Kulterfolg ihrer Highschool-Oper "Gymnasium" begeben sich Bonn Park und Ben Roessler für ihre zweite Produktion am Volkstheater musikalisch unter die Wasseroberfläche für die romantische Komödie "Alles ist aus, aber wir haben ja uns". In der letzten Meeres-Metropole leben Meermenschen friedlich zusammen mit Meerestieren, obwohl die Apokalypse zum Greifen nahe ist. Das Unheil ignorieren die Bewohner*innen aber einfach weg. Aus den Augen, aus dem Sinn. So werden die zunehmenden Zeichen der Zerstörung schlicht weggeputzt, während man sich an allen Ecken verliebt. Finden wir eigentlich gar nicht so schlecht, diesen Umgang mit der Krise.
11 "Archiv der Tränen" – Marstall
Stellt euch vor, eure Tränen könnten sprechen. Würden von dem Leid oder auch dem Glück erzählen, das sie aus den Augen gekitzelt hat. In "Archiv der Tränen" schafft die Dramatikerin Magdalena Schrefel für das salzige Sekret eine Art Erinnerungsaltar. Einen Ort, an dem eben jene Geschichten Platz finden, von denen die Tränen berichten. Dabei stößt sie auf einige philosophische Fragen: Bin das ich oder ist das meine Traurigkeit? Und welcher Ordnung folgen unsere Tränen?