Ausflugsvergnügen: So richtig ankommen im Blyb. am Tegernsee
Wenn ein Winter-Ausflug so schön ist, dass es schon fast kitschig ist. So ging es uns beim Ausflug ins Blyb. am Tegernsee. Nicht nur, dass wir es geschafft haben, an nur zwei Tagen zur Entspannung und Gemütlichkeit zu finden – es hat abends auch noch zu schneien begonnen und die Gegend rund um den Tegernsee in ein Winterwunderland verwandelt. Wir konnten es selbst kaum glauben – wie gesagt, kitschig eben!
Wenn man von Gmund nach Tegernsee unterwegs ist, versteckt sich auf Höhe Am See ganz unscheinbar ein gelbes Haus mit grünen Fensterläden zwischen unzähligen Bäumen. Nur eine Querstraße trennt dieses vom verschneiten Tegernsee und als wir den Hof betreten, scheint auf einmal auch gar nichts mehr unscheinbar. Ganz im Gegenteil, denn gleich kommt einem ein Gefühl an Geborgenheit und Wärme entgegen. Und einem springt sofort ein riesiger Schriftzug ins Auge, der auf der Seitenwand des Hauses angebracht ist: "Blyb.". "Blyb." steht lautsprachlich für "Bleib.", also für einen Ort des Ankommens, an dem man verweilen und schlichtweg einfach sein kann. Wir sind für eine Nacht geblieben und haben uns voll und ganz der Magie des Winterwunderlands im Blyb. Hotel und Restaurant hingegeben.
Ganz einfach mit der BOB zum Tegernsee
Mit der RB57 ist es von München aus keine Stunde bis nach Gmund am Tegernsee. Von dort aus sind es dann auch nur noch 20 Minuten zu Fuß - immer den See entlang in Richtung Süden bis zum Blyb.. Die Lichterketten zeigen uns den Weg, alles fühlt sich so vertraut und schön an. Irgendwie so, als würde man nach langer Zeit wieder alte Bekannte besuchen und nicht, als würde man gerade in einem Hotel einchecken. Kein Tegernsee- Schickimicki und kein "Hotelbunker" der Quantität vor Qualität setzt.
Ein Ort mit Geschichte
Wobei, das Wort "Hotelbunker" schon zutrifft, denn das Grundstück und Gebäude des Blyb. haben eine lange, vor allem aber eine nicht immer einfache Geschichte, die auch heute noch eine große Verantwortung mit sich bringt. Aber fangen wir ganz vorne an:
Das Haupthaus, damals "Lindenfycht" genannt, stammt bereits aus dem Jahr 1892. Vorerst wird das Haus von verschiedensten Künstlerfamilien genutzt, bevor es 1933 zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten kommt. Einige hochrangige Machtführer zieht es damals ins Tegernsee Tal, unter anderem Heinrich Himmler, der das Haus 1934 erwirbt. In diesem Kontext wird auf dem Gelände tatsächlich ein Bunker errichtet, der heute jedoch weder betreten noch genutzt wird.
Nach Kriegsende geht das Haus wieder in das öffentliche Eigentum über und wird bis heute vom Freistaat Bayern verpachtet. Zuerst als Klinik, dann als Tagungshotel bis im Juli 2023 nach kompletter Sanierung das Blyb. Hotel und Restaurant eröffnen konnte – ein ganz besonderes Miteinander aus Altem und Neuem. Sichtbar wird das beispielsweise auf unserem Zimmer: Hier konnte bei den Sanierungsarbeiten ein wundervolles Deckengemälde freigelegt werden.
Im Haupthaus gibt es 13 Zimmer und Gemeinschaftsräume wie Rezeption, Restaurant, Bar und Bibliothek. In einem extra "Waldhaus" im Garten gibt es weitere 16 Zimmer. On top gibt''s noch eine Sauna und Kältebecken mit frischem Bergquellwasser mitten im Wald mit Blick auf den See. So lässt es sich doch richtig entspannen!
Die drei Freunde und Gründer Florian Zibert, Moritz Meyn und Maximilian Rampf wollen mit ihrem "inklusiven Hotel" einen Ort der Begegnung für alle schaffen. Die Zimmerpreise pro Nacht gehen beispielsweise bei 145 Euro los. Was uns sofort auffällt: auf den Zimmern gibt es weder einen Fernseher, noch eine Minibar. Warum? Das Hotel möchte einen Ort der Begegnung schaffen. Auf jeden Fall nicht ganz konventionell, aber es kommt bei den Leuten an. Wir sind uns jedenfalls sicher, dass hier ganz besondere Momente geschaffen werden.
"Almost There."
Passend dazu der Slogan des Blyb.:"Almost there". Martina Brandel ist die Kommunikatorin für das Hotel und erklärt uns, dass das Blyb. niemals stillstehen soll. Wie ein Windrad, das sich immer weiterdreht und angetrieben wird von den Menschen vor Ort, die diesen Ort mitgestalten. Ein respektvoller Umgang, Offenheit, Freundlichkeit und Vielfalt werden hier gelebt. Heute sollen hier mehr denn je demokratische Werte in den Vordergrund gestellt und gelebt werden - gerade hinsichtlich der Geschichte dieses Ortes. Es soll ein Raum geschaffen werden, an dem sich alle Menschen auf Augenhöhe begegnen.
Haute Cuisine mal anders erleben
Unser Abend startet beim "Blyb. Aperetivo"-Event in der Bar. Jeden Donnerstag gibt's ab 17 Uhr Aperitifs und Barfood – perfekt, um in den Feierabend zu starten. Natürlich dürfen auch externe Gäst*innen hier joinen. Während ihr euren Drink ganz gemütlich schlürft, könnt ihr die Fotografien von Ryan Jacobs aus der Fotoreihe "Gayle" bestaunen, denn erstmals stellt das Blyb. in seinen Gemeinschaftsräumen auch Kunst aus. Als Hommage an die LGBTQI+-Community will das Team hier einmal mehr ein Zeichen für Toleranz setzen.
Ganz anders als die meisten Restaurants funktioniert das Blyb. Restaurant. Hauptsächlich regionale, vor allem aber saisonale Produkte kommen in der Küche zum Einsatz. Circa alle drei Monate wechselt deshalb auch die Speisekarte, ein neues Küchen-Special gibt es sogar jeden Tag. Küchenchef Jaques, der bereits in einigen Sterneküchen gekocht hat, beschreibt das Konzept als "eine Wohlfühlküche mit französischen Basics".
Ganze drei Gänge dürfen wir an dem Abend verputzen, das 49 Euro pro Person exklusive Getränke kostet. Neben einer "normalen" Variante gibt es außerdem immer eine vegane Alternative. Schon die Vorspeise hat uns absolut umgehauen: Hummus mit Sonnenblumen-Tahini, bei dem die Kichererbsen aus Franken kommen. Klassiker wie Käsespätzle gibt es neu interpretiert mit Trüffel oder doch lieber ein Sellerie Tempura? Als Krönung gibt es dann noch das Apfelsorbet. Wow, wir waren jedenfalls hin und weg! Zu Ende des Abends ist ein Absacker in der Bar zu empfehlen, der dann bei einer Runde Tischkicker im Keller endet.
Durchweg regional und saisonal zu kochen, ist alles andere als immer leicht: Beispielsweise wird in der Küche Zitrone gänzlich ersetzt. Wie? Jaques verrät uns, dass Apfelessig oder Traubensaft ein guter Ersatz sind. PS.: Man munkelt, dass es im Blyb. zur Weihnachtszeit Kamillekipferl geben wird. Jetzt im Winter gibt es außer Apfel und Birne außerdem kein frisches Obst. Gut, dass das Obst zum Frühstück schon längst in Marmelade verarbeitet wurde!
Schneebedeckte Berggipfel genießen
Dank dem Deckengemälde über Bett und der Winterlandschaft draußen, haben wir uns nach einer erholsamen Nacht ein ausgiebiges Frühstück gegönnt und sind dann direkt raus an die frische Luft.
Über Nacht hatte sich der Tegernsee nämlich in ein einziges Winterwonderland verwandelt. Vom Blyb. aus gibt es einen direkten Einstieg zum Tegernseer Höhenweg. Hier könnt ihr ideal bis nach Tegernsee laufen - auch im Winter. Auch wenn ihr hierfür absolut keine Profibergsteiger*innen sein müsst, vergesst im Winter trotzdem nicht festes Schuhwerk zu tragen! Mit einer wunderschönen Aussicht auf den Tegernsee geht es für uns dann von Tegernsee mit der RB57 wieder zurück nach Hause nach München. Was für eine wundervolle Winterauszeit!
Wir wurden vom Blyb. Hotel und Restaurant für eine Nacht eingeladen. Das beeinflusst aber nicht unsere ehrliche Meinung.