11 Clubs in München, denen wir hinterhertrauern
Es gibt Klischees und Vorurteile, die sind so präsent, dass man sie manchmal selbst glaubt. Zum Beispiel die Behauptung, dass München partytechnisch nur Protz, P1 und Pacha kann. Wir wissen es natürlich alle besser, aber weil wir auch die Hauptstadt der Zwischennutzung sind und uns viele gute Clubs nur temporär erfreuen, ist es manchmal schwer den Beweis anzutreten. Wir haben das ja schon mal mit einer kleinen Club-Liste für euch versucht.
Aber hey, es tut sich ja bekanntlich immer wieder was. Wir sind unter anderem gespannt auf die Eröffnung des Blitz und ob dieses ambitionierte – aber ebenso befristete – Projekt uns blitzartig (höhö) zur internationalen Partymetropole macht – oder auch nicht. Mein persönlicher Partyzenith ist schon ein bisschen her. Warum ist eine gute Frage. Vielleicht, weil es mal eine Phase gab, in der es einfach echt viele, richtig gute Locations gab? Genau diesen Clubs wollen wir nun unseren Tribut zollen inklusive einem großen Shoutout an alles, was bald und hoffentlich noch kommen mag.
Erste Liga (2001–2004 und 2006–2011)
Nur bei dem Gedanken an die "Erste Liga" bekomme ich Herzchen in den Augen. Auch wenn ich die ganz frühen Zeiten – als der Club noch in der Altstadt, gleich ums Eck vom Hofbräuhaus war – nicht erlebt habe, schaue ich beim Erzählen wehmütig in die Ferne wie die Oma, die von der guten alten Zeit erzählt. Später in der Thalkirchnerstraße war die Erste Liga mit dem unvergesslichen, blinkenden Tanzboden und dieser wirklich mindestens genauso bunten Mischung aus Gästen – Polohemd trifft Skaterboy – eine Institution. Kein Club, der danach in die Location einzog – nicht einmal das Yip Yab – konnte den Spirit wieder aufleben lassen, den Marc Deininger (heute u.a. Bikini Mitte) und seine Freunde hier geschaffen haben.
Atomic (1997–2015)
Okay, gibt es tatsächlich jemanden, dem man das Atomic erklären muss? In einer cheesy Rede würde ich sagen: "Ich bin unglaublich dankbar, dass ich das erleben durfte. Ich danke den Machern Christian Heine und Roland Schunk, den DJs, den Türstehern, den Gästen und dem Indie-Gott." Während viele partytechnisch schon nur noch auf dem Untz-Untz-Zug unterwegs waren, machte das Atomic den Mittwoch zum heiligen Indie-Feiertag und holte unfassbar viele musikalische Größen auf die Bühne. Ich trank derweil fleißig (nicht zur Freude meiner heulenden Geschmacksnerven) Club-Mate ab, damit der Barkeeper mit Vodka auffüllen konnte. Das, was das Atomic für so viele Münchner über 18 Jahre lang war, kann man tatsächlich kaum beschreiben. Daher gibt es einen Film von 2015, den ihr am 5. Mai im Rahmen des Dok.fest im Atelier-Kino anschauen könnt!
Puerto Giesing (2010)
Alte Abrisshäuser haben ja sowieso schon immer ihre ganz eigene Anziehungskraft und so war es klar, dass das Projekt Puerto Giesing nur ein Erfolg werden konnte. Das Kunst- und Veranstaltungskollektiv München 852 unter der Federführung von Zehra Spindler belebte das alte Hertie-Kaufhaus bis zu seinem Abriss mit Party und Kultur – da war natürlich von vornherein klar, dass es nur ein zeitlich sehr begrenzter Spaß werden würde. Der war dafür aber umso intensiver. Der Name hätte besser nicht passen können, denn das Prjekt wurde zu einem Hafen für alle, die auf der Suche nach allen möglichen Formen der Subkultur waren und sich austoben wollten. Da wurde gefeiert, gemalt, gesprayt oder auch mal durchs Gebäude geskatet. Das Partyende kam mit der dicken Silvestersause und wer clever genug war nach der Schließung noch das ein oder andere Möbelstück zu ergattern, wird Puerto Giesing wohl nie vergessen.
Art Babel (2011–2012)
Die Trauer über den Abriss des Puerto Giesing war zwar groß, doch ein Nachfolger war dann überraschend schnell am Start und zwar mitten in der Maxvorstadt auf dem Dreieck zwischen Dachauer-, Augusten- und Karlstraße. In einer Umgebung, in der es sonst eher semi-einladend war zwischen zwielichtigen Spelunken und Stripclubs. Auch hier war klar, dass das Art Babel nur temporär bestehen würde, aber das machte auch irgendwie den Reiz aus. Auch hier stand wieder jede Menge Kunst auf dem Programm, zwischendurch gab es auch ein Café und die Münchner Nerd Nite erlebte hier ihre Blüte. Partys gab es sowieso und dank mehrfacher Fristverlängerung, überlebte das Art Babel sogar noch bis ins Jahr 2012.
Café King (2007–2010)
Es war einmal eine alte Tankstelle in der Müllerstraße, die ihre besten Tage hinter sich hatte. Also nahmen sich unter anderem Sandra Forster und Jisho Lang der Location an uns verwandelten sie ins Café King. Ein Laden, der von der Einrichtung her auch zehn Jahre später noch alle Interieur-Erwartungen erfüllen würde. Tagsüber saß man bei veganen oder vegetarischen Gerichten und einem Kaffee auf dem Sonnendeck, montags spielte man Tischtennis und ehe man sich versah, war es nicht mehr vier Uhr nachmittags, sondern vier Uhr morgens. Das Konzept war – auch dank des guten DJ-Booking – einfach rundum gelungen, musste dann aber tragischerweise der Baustelle weichen, aus der später dieser seltsame "The Seven"–Turm voller Luxus-Eigentumswohnungen für reiche Spekulanten wurde.
Kong (2011–2016)
Ähnlich wie beim Puerto Giesing, ließ der Nachfolger des Café King nicht lange auf sich warten, wobei das Konzept dann doch ein anderes war – die Macher waren aber zum Teil die selben. Wieder mit von der Partie: Sandra Forster (die übrigens auch das neue Blitz mitverantwortet). Im Kong gab es dann im Gegensatz zum Café King nur abendlichen bzw. nächtlichen Bar- und Clubbetrieb. Elektronische Musik, fesche Barkeeper und Barkeeperinnen und ein Laden, der seinem Hype gerecht wurde und dessen Schließung uns mitten ins Herz traf, weil es sich anfühlte, als sei die letzte Bastion gefallen.
Die alte Registratur (2003–2009)
Wow, bei der alten Regi findet die Trauer fast schon ihren Höhepunkt. Zwar hat die Registratur in anderer Form wieder eine Heimat in der Müllerstraße gefunden, aber mit den alten Zeiten hat das nicht mehr so viel zu tun. Die Regi in der Blumenstraße war eine wahre Clubgröße, geradezu Kult, in der sich Größen wie Major Lazer oder Grandmaster Flash die Klinke in die Hand gegeben haben und es eigentlich kaum eine andere Möglichkeit gab, als auszurasten. Auch hier sagen wir laut und fühlen uns dabei nicht alt, aber reif: Danke, dass wir das noch erleben durften!
Das alte Harry Klein (2003–2010)
Auch das Harry Klein gibt es bekanntermaßen noch, aber auch hier sind neue und alte Location nicht ganz dasselbe, auch wenn der Unterschied – zumindest in Sachen Konzept und Booking – viel geringer ist als bei der Regi. 2003 eröffnete es als Nachfolger des Ultraschall II auf dem Optimolgelände und landete von da an regelmäßig in den Top 10 der besten Clubs in ganz Deutschland. Während das Harry Klein heute in der Sonnenstraße vor allem Hipster und Feierbananen-Wütige anzieht, galt im alten Club noch: Come as you are – auch, wenn das am Ostbahnhof teilweise eine wirklich gruselige Mischung versprach.
Rubybar (2012–2013)
Wenn man heute am Reichenbachkiosk steht und einmal schräg über die Straße schaut, kann man gar nicht glauben, dass an dem Eck, wo jetzt dieses Ungetüm von Glockenbachsuiten steht, einst die Rubybar für zirka eineinhalb Jahre zu Hause war. Das kleine Eckgebäude mit dem tollen Innenhof mit Biergarten, der alten Kastanie, den rosa Wänden und – ganz wichtig – dem Pferd mitten im Club kann nicht anders beschrieben werden als ein Ort der Eskalation. Die Rubybar war wunderschön in all ihrer Ranzigkeit und auch hier sind wir froh, dass die Betreiber, darunter Mathias Modica vom Gomma-Label, diesen Ort geschaffen haben.
Herr Hotter (2012)
"Feiern im Bunker" war das Motto der Zwischennutzung in der Hotterstraße. Der Herr Hotter hatte für einige Monate im Jahr 2012 nicht die strengste, aber auf jeden Fall die schwerste Tür der Stadt. Die Bunkertür und die dicken Betonwände sorgten dafür, dass sich nun eigentlich wirklich niemand beschweren konnte – sie taten es trotzdem. Wir hätten definitiv noch eine Weile länger mit den Bunkerpartys leben können, aber auch hier machte uns und dem Initiator Thomas Manglkammer die Befristung einen Strich durch die Rechnung.
Café am Hochhaus (2004–2014)
Wie oft standen wir am Eck Blumen- und Fraunhoferstraße mit Blick auf die Backsteinfassade des Städtischen Hochhauses, hielten einen Drink in der Hand und freuten uns unseres Lebens? Oft. Das ist sicher. Denn ins Café am Hochhaus kam man schon für das erste frühabendliche Bier und blieb dann gerne mal den ganzen Abend, um mal zu Hip-Hop, mal zu Funk oder auch zu Elektro herumzuwippen. Mit der dann doch relativ flotten Schließung verlor nicht nur die Gay-Szene ihren traditionellen Sonntag, sondern alle Münchner einen tollen Ort zum Glücklichsein.