Vergnügte Viertel: Das Glockenbachviertel damals und heute
München besteht aus insgesamt 25 Stadtbezirken, in denen wiederum oft mehrere Stadtteile zusammengefasst sind. Logisch, dass das nicht immer so war, schließlich hat sich die Stadt in den letzten 860 Jahren seit ihrer Gründung ordentlich verändert. Wie genau, das wollen wir Euch in dieser Serie vorstellen, die einzelnen Viertel historisch beleuchten und gucken, wo man sich hier heute vergnügen kann.
Wer dem Glockenbach gerne mal einen Besuch abstatten würde, den müssen wir leider direkt enttäuschen: Das Bächlein verläuft heute nur noch unterirdisch, genauso wie zahlreiche andere Stadtbäche, die das Viertel früher durchzogen haben. Wegen der vielen Wasserläufe war das Glockenbachviertel schon früh ein beliebtes Gebiet, um seinen Betrieb hier anzusiedeln. Etliche Schreiner, Bäcker, Müller und Maurer ließen sich hier nieder und lockten zahlreiche Handwerker und Tagelöhner an. Unter den Betrieben war übrigens auch eine Glockengießerei, die der Namensgeber für den angrenzenden Bach und somit auch das ganze Viertel ist.
Damals: Ein Pesthaus und ständige Hochwassergefahr
Was heute hip und kaum noch bezahlbar ist, war ab dem 15. Jahrhundert vor allem ein Viertel für Arbeiter und arme Leute. In der Baumstraße wurde im 16. Jahrhundert ein “Pesthaus” errichtet und auf dem Südfriedhof wurden zur damaligen Zeit die Pest-Opfer beerdigt. Nicht ganz das, was man als "gute Gegend" bezeichnen würde.
Noch 1819 lebten gerade mal knapp 2000 Menschen im Glockenbachviertel. Wer es sich leisten konnte, machte um das Viertel mit seinen schlechten hygienischen Bedingungen und ständiger Hochwassergefahr einen großen Bogen.
Glockenbach früher: Die 20er Jahre wurden im Bordell gefeiert
Erst gegen 1850 wurde mit der Stadterweiterung dann auch das Glockenbachviertel immer mehr erschlossen und es wurden erste Arbeitersiedlungen gebaut. Vielleicht ist auch die recht späte Erschließung des Viertels Grund dafür, dass sich hier von Anfang an eine recht liberale Gesellschaft ansiedelte. In der Müllerstraße gab es zahlreiche Bordelle, in denen vor allem in den 20er Jahren wild gefeiert wurde. Dieser offene Geist zog auch immer mehr Homosexuelle in das Viertel und die ersten Szenelokale wurden eröffnet.
Die Machtergreifung der Nationalsozialisten und der zweite Weltkrieg veränderten das Bild des Glockenbachviertels. Viele Homosexuelle mussten fliehen oder wurden deportiert. Auch die Struktur des Viertels änderte sich durch die Zerstörung zahlreicher Häuser und den darauf folgenden Wiederaufbau mehr und mehr zu einem Wohngebiet mit Dienstleistungsbetrieben.
Das Glockenbachviertel heute: Paradebeispiel für Gentrifizierung
In den 50er Jahren begann die Schwulenszene langsam wieder im Viertel Fuß zu fassen. Immer mehr Lokale wie die Deutsche Eiche oder der Ochsengarten eröffneten, auch wenn in der Szene große Vorsicht geboten war, da der Paragraph 175 Homosexualität noch unter Strafe stellte. Erst nach der Aufhebung des Paragraphen Anfang der 70er begann die Szene mehr und mehr sich offen im Glockenbachviertel zu treffen.
Das Liberale, die Nähe zur Isar und zur Innenstadt und der noch teilweise vorhandene Altbaubestand ließen das Viertel auch außerhalb des Szene immer beliebter werden. Bereits in den 90ern hatte sich die Gegend rechts und links der Fraunhoferstraße zu einem der begehrtesten Stadtteile in München entwickelt – natürlich mit entsprechenden Mieten,. Das Glockenbachviertel ist neben Schwabing quasi Münchens Paradebeispiel für Gentrifizierung.
Gentrifizierung
Nach und nach wurden etliche Schwulenkneipen durch hippe Cafés und Bars verdrängt und die Dichte an skandinavischen Kinderwägen nahm stetig zu. Auch wenn viele Homosexuelle von einem veränderten Ausgeh- und Datingverhalten berichten, was bestimmt auch ein Grund für das Schrumpfen der Szene-Lokale ist, so gibt es auch immer wieder Pöbeleien gegen Schwule im Viertel, die ebenfalls dazu führen, dass sich die Szene weiter aus dem Viertel zurückzieht.
Auch das scheint eine Begleiterscheinung der Gentrifizierung zu sein: Die Gründe, warum diese Viertel für die Masse interessant wurden, sind die, über die sie sich später aufregt. Seien es zu laute Bars oder offen gelebte Homosexualität.
Der Bezirk weist eine recht hohe Einwohnerdichte auf, der Bereich des Glockenbachviertels mit die höchste in ganz München. In rund 65 Prozent der Haushalte lebt nur eine Person, das liegt deutlich oberhalb des Münchner Durchschnitts.
Vergnügte Fakten
ESSEN
Besten Kaffee trinken bei Emilo | Tolle Croissants in der Bäckerei Alof mitnehmen | Smoothies und Bowls in Wagners Juicery | Frühstück auf der Sonnenterrasse im Café Maria | Den Sonntag beim Brunch im Baader Café vertrödeln | Lecker Mittagessen im Hey Luigi | Günstiger und guter Lunch im Ooh Baby | Kuchen, Kaffee und Sandwiches in der Aroma Kaffeebar | Vegane Kuchen und tolle Teeauswahl im Tushita Teehaus | Günstig und gesund vietnamesisch essen im Chi Thu, Ja Mai oder Fei Scho | Tolle Salate und nette Atmosphäre in der Cooperativa | Leckere Pizza und Pasta im The Italian Shot | Soulfood genießen im Little Wolf | Eis von Del Fiore auf dem Gärtnerplatz schlecken
TRINKEN
Lässig starten in der Loretta-Bar | Preisgekrönte Drinks im Zephyr bestellen | Whisky trinken im Wolf | Highballs probieren im The High | Liquids und Gin Tonic bei Robinson Kuhlmann schlürfen | Negroni und Tatar im Pacific Times bestellen | Guten Wein im Walter und Benjamin trinken | Klassische Cocktails in der Bar Garcon bekommen | Fine Drinking im Trisoux betreiben | Günstiges Bier im 404 trinken
DRAUSSEN
Sundowner trinken an der Isar | Laue Nächte auf dem Gärtnerplatz verbringen | Terrassen-Hopping von einem Café zum anderen | Joggen in den Isarauen | Spazieren gehen auf dem Alten Südfriedhof
SHOPPEN
Designer-Second-Hand-Kleidung im hübschen Capricorn finden | Super Geschenke und Bücher finden im Wortwahl | Nachhaltige Klamotten im Phasenreich shoppen | Schönstes Interior bei Ladoug gucken | Ausgewählte Zeitschriften im Soda einkaufen | Mode aus München bei WE.RE probieren | Die schönsten Sträuße bei Petra Müller Blumen mitnehmen
KUNST
Eine Vorstellung im Gärtnerplatztheater gucken | Independent-Filme im Arena Kino schauen | Konzerte, Lesungen und Workshops in der Glockenbachwerkstatt besuchen