Anpacken statt abhängen: Kathi erzählt vom Ehrenamt bei der Münchner Tafel

Vor zwei Wochen haben wir euch darüber berichtet, dass die Münchner Tafel ehrenamtliche Mitarbeiter*innen sucht. Mittlerweile haben sich jede Menge junger Menschen, die nicht zur Risikogruppe gehören bei der Münchner Tafel gemeldet und helfen jetzt dabei, 20.000 Bedürftigen mit Lebensmitteln zu versorgen. Wie das so ist dort zu arbeiten haben wir Katharina gefragt, die eigentlich Wirtschaftsingenieurwesen, Agrarmarketing und Management studiert und jetzt mehrere Tage die Woche aushilft, weil zwei Drittel der Ehrenamtlichen zur Risikogruppe gehören und nicht mehr arbeiten können.

Kathi, wie geht es dir gerade?

Aktuell geht es mir sehr gut. Ich habe viel Zeit, um Sport zu machen und meinen Hobbys  wie kochen und backen nachzugehen. Außerdem bin ich dank der Arbeit bei der Tafel viel an der frischen Luft. Natürlich vermisse ich meine Familie, Freunde und generell den sozialen Kontakt. Auf einen Kaffee raus zu gehen, eine Bar zu besuchen oder sich an der Isar in die Sonne zu setzen. Doch so geht es uns aktuell, denke ich, allen und dass wir alle zusammen in dieser Situation sind, macht es für mich erträglicher. Ich mache das Beste aus der aktuellen Lage und nutze die freie Zeit für Dinge, die ich sonst eher selten mache.

Ein zweiter Aspekt war eine feste Aufgabe zu haben, mit der ich mir einen einigermaßen geregelten Alltag schaffen kann.

Wie sieht dein Tagesablauf normalerweise aus und weshalb hast du dich entschieden bei der Münchner Tafel zu helfen?

An den Wochentagen hätte ich normalerweise täglich zwischen sechs und acht Stunden Vorlesung. Ansonsten bin ich viel mit Freunden unterwegs.

Es gab zwei Aspekte, die mich dazu bewegt haben, die Münchner Tafel zu unterstützen. Einerseits engagiere ich mich gerne ehrenamtlich. Ich bin zum Beispiel Tutorin an der Uni. Und ich wollte bereits vor der Corona-Krise bei der Münchner Tafel helfen – das ging zeitlich leider nicht. Durch die aktuelle Situation steht mir nun jedoch viel Zeit zur Verfügung, die ich gerne sinnvoll nutzen möchte. Ich finde es schön, wenn man der Gesellschaft etwas zurückgeben, andere Menschen unterstützen und ihnen eine Freude machen kann.

Ein zweiter Aspekt war eine feste Aufgabe zu haben, mit der ich mir einen einigermaßen geregelten Alltag schaffen kann. Durch die Ausgangsbeschränkung ist man dazu angeleitet zuhause zu bleiben, das ist selbstverständlich wichtig und gut. Doch durch meine Tätigkeit bei der Tafel kann ich jeden Tag das Haus für mehrere Stunden verlassen, habe eine Beschäftigung und treffe andere Helfer. Das ist gerade in so schwierigen Zeiten sehr angenehm. Die Kombination aus etwas Gutes zu tun, meine Zeit sinnvoll zu nutzen und an der frischen Luft zu sein, motiviert mich dazu fast täglich bei der Tafel zu helfen.

Münchner Tafel Ehrenamt ehrenamtlich
© Katharina Angerer
Heutzutage leben wir im Überfluss, egal in welchen Bereich unseres Lebens man schaut. Durch das Helfen bei der Tafel wurde mein Bewusstsein dafür intensiviert.

Hat die Arbeit bei der Tafel für dich etwas verändert?

Heutzutage leben wir im Überfluss, egal in welchen Bereich unseres Lebens man schaut. Durch das Helfen bei der Tafel wurde mein Bewusstsein dafür intensiviert. Einerseits ist es schockierend, wie viele Massen an Lebensmitteln jährlich weggeschmissen werden. Die Münchner Tafel rettet davon jährlich 6,5 Tonnen. Andererseits ist es traurig zu sehen, wie viele Menschen auf die Hilfe der Tafel angewiesen sind. Wöchentlich werden von ihr 20.000 Menschen versorgt. Dadurch wird man dankbarer für das, was man hat. Das Bewusstsein und die Wertschätzung für die kleinen Dinge im Leben werden dadurch verstärkt. Es ist schön die Menschen glücklich zu machen, indem man ihnen einfach nur ein Lächeln und ein offenes Ohr schenkt.

Münchner Tafel Ehrenamt ehrenamtlich
© Katharina Angerer
Äpfel Lebensmittel Früchte Obs
© Unsplash | RΛN SHOT FIRST

Woran denkst du, wenn du dich auf den Weg zur Arbeit machst?

Auf dem Weg zur Tafel bin ich immer positiv gestimmt. Ich freue mich, alle Helfer zu sehen, wir sind ein großartiges Team, haben viel Spaß und ich gehe dort sehr gerne hin. Andererseits hoffe ich täglich, dass wir genügend Lebensmittel bekommen, um unsere Gäste ausreichend versorgen zu können.

Was hat sich jetzt, in der Krise, bei der Tafel verändert und wo liegen derzeit die größten Herausforderungen bei deinen Aufgaben? 

Durch die Krise wurden alle 27 Ausgabestellen der Münchner Tafel auf eine einzige zusammengelegt. Das bedeutet, es kommen täglich viel mehr Gäste als üblich. Die Herausforderung hierbei ist, dass wir unseren Gästen trotzdem ein offenes Ohr schenken, obwohl wir aktuell leider sehr wenig Zeit für jeden Einzelnen haben. Was ebenso neu für uns ist, ist das Tragen von Mundschutz und Handschuhen, das ist aber kein Problem. Viel mehr ist es schwierig, ständig den vorgeschriebenen Abstand von zwei Metern einzuhalten. Wir müssen sowohl aufpassen, dass wir Helfer, aber auch unsere Gäste diesen Abstand einhalten.

Brot Markt Leib Brot
© Unsplash | Liene Geidane
Münchner Tafel Ehrenamt ehrenamtlich
© Katharina Angerer

Welche Sorgen hast du in Bezug auf die Tafel?

Meine aktuelle Sorge in Bezug auf die Tafel ist die Angst davor, dass sie geschlossen werden muss. Leider ist das schon in weiten Teilen Deutschlands passiert. Wir versorgen wöchentlich 20.000 Bedürftige. Eine Schließung der Tafel wäre fatal.

Was wünscht du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass wir alle wieder unbeschwert den Alltag genießen können. Raus gehen, wenn uns danach ist und Freunde und Familie zu treffen, wenn wir Lust dazu haben. Ebenso wünsche ich mir aber auch, dass uns diese Krise neues Bewusstsein schenkt. Dass wir dankbarer werden für das, was wir haben und uns öfter bewusst wird, wie gut es uns doch eigentlich geht. Ein harmonisches und liebevolles Miteinander, wünsche ich mir für meinen Alltag.

Dass wir dankbarer werden für das, was wir haben und uns öfter bewusst wird, wie gut es uns doch eigentlich geht.

Wie kann man euch bei der Tafel am besten unterstützen?

Einerseits kann man uns indirekt unterstützen, indem man keine Hamsterkäufe tätigt. Dadurch bleiben mehr Lebensmittel im Supermarkt übrig und die Tafel hat somit mehr Ware, die wir den Gästen ausgeben können. Des Weiteren könnt ihr uns natürlich aktiv unterstützen, indem ihr euch bei der Tafel München meldet und bei der Lebensmittelausgabe helft. Diese findet täglich von Montag bis Samstag an der Großmarkthalle in München statt. Zudem freut sich die Münchner Tafel auch über jede persönliche Spende sowohl in Form von Lebensmitteln als auch Geld.

Übrigens braucht die Münchner Tafel weiterhin Helfer*innen, Lebensmittel- und Geldspenden! Mehr Infos dazu findet ihr hier.

Titelbild: © Katharina Angerer

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