Vom Tank ins Glas: Craft Bier aus 11 Zapfhähnen bei BrewsLi

© Nina Vogl

Man kann von Lockdowns halten, was man will, aber erstens waren die Wege kürzer – nur drei Schritte vom Schreibtisch zum Feierabendbier – und zweitens hat das wiederum dafür gesorgt, dass da plötzlich so viel Zeit war. Zum Malernasen wegschleifen zum Beispiel. Dafür nimmt man sich selten Zeit, weil man in der Regel nicht mal weiß, was eine Malernase ist. Ben Saller, der neue Wirt im Lokal in der Taubenstraße 2 kann ein Lied von Malernasen singen – und von kurzen Wegen.

Er hat während des Lockdowns im Herbst 2020 nicht nur Tresen und Holzvertäfelung glatt geschliffen, sondern auch einen Pub namens BrewsLi eröffnet. Hier braut er sein Bier mehr oder weniger mitten im Gastraum und daher braucht es nur ein paar Meter vom Tank bis ins Glas. Im weitesten Sinne also Brauerei im Homeoffice.

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Das beste Bier ist das mit dem kürzesten Weg

Korrekterweise müsste man BrewsLi als Brauereigasthof bezeichnen. Klingt nur irgendwie nach bayerischer Folklore und die sucht ihr bei Ben vergeblich. Dabei hat er es durchaus geschafft, den alten Charme der Gaststätte in der Au zu erhalten und trotz fleißiger Schleiferei ist hier nichts zu glatt geworden. Beim Reinkommen führt der Weg direkt an den großen Stahltanks vorbei, in denen die flüssigen Schätze des jungen Braumeisters schlummern. Zwölf Zapfhähne recken ihre Hälse aus der Wand hinter der Bar und was aus ihnen herausfließt ist so süffig, dass die tiefen weichen Sofas an den Fenstern gerade recht kommen.

Von Siemens zum Sudwerk

Helles, Pils, Pale Ale oder Russian Imperial Stout. Die meisten von uns würden Craft Beer dazu sagen, aber Ben macht einfach Bier. Handwerklich versiert, in verhältnismäßig kleinen Mengen und eben mitten in der eigenen Kneipe. Nach Ausbildung und den ersten Berufsjahren als Industriekaufmann, kam er durch einen Betriebsausflug auf die Idee, Braumeister zu werden. Gesagt, gekündigt. Er verließ das große Unternehmen und ging an die TU in Weihenstephan, um Brauwesen zu studieren. Während er gekonnt das nächste Bier zapft, erzählt er davon mit einer Selbstverständlichkeit wie andere vom letzten Fußballspiel der Kreisliga.

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Sein Bier ist dabei ein bisschen wie die Geschichte, die er zur Entstehung von BrewsLi erzählt. Auf den ersten Blick recht simpel und klar, beim zweiten Schluck dann doch um einiges komplexer und vielfältiger. Das Helle rinnt süffig die Kehle hinunter, das Pale Ale wird mit jedem Schluck geschmackiger und das Russian Imperial Stout ist mit seinen Kaffee- und Schokonoten – und 8,9 Prozent Alkohol – die Nachspeise, die jeder will, obwohl niemand danach gefragt hat.

Obatzda gegen den Suri

Weil 11 Zapfhähne dann doch mehr sind, als Ben selbst befüllen kann, hat er auch jede Woche Gastbiere verschiedener Mikrobrauereien am Start. Dazu zählen meistens Kreationen aus München, wie zum Beispiel von der Munich Brew Mafia, Higgins Ale Works oder Gypsy Bräu. Um als Gast der Vielfalt der Biere gerecht zu werden, ohne die Urteilskraft an den Alkoholgehalt zu verlieren, gibt es zwei Möglichkeiten. Erstens: Öfter vorbeikommen. Zweitens: Das Pro-Bier-Deck mit vier bis sechs verschiedenen Hopfengetränken in kleinen Gläsern mit jeweils 0,1 Litern Füllmenge.

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Damit euch das Bier nicht zu tief in die Samtcouch drückt oder von den selbst gemachten Skateboard-Hockern haut, bietet Ben eine sehr kleine, aber ebenso feine Essensauswahl an. Für jeweils fünf Euro gibt es entweder Quiche mit Salat sowie hausgemachtes Brot mit Hummus oder dem besten Obatzda, den wir seit langem – oder überhaupt jemals – gegessen haben.

Unbedingt probieren // Das Pro-Bier-Deck mit vier, fünf oder sechs verschiedenen Craft Bieren.

Vegan // Bier!

Mit wem gehst du hin // Zum Feierabend mit den neuen Kolleg*innen. Nach dem ein oder anderen Pale Ale sind wirklich alle gut drauf.

Für Fans vom // True Brew und Frisches Bier

Besonderheit des Ladens // Das Bier wird mitten im Gastraum gebraut.

BrewsLi | Taubenstraße 2, 81541 München | Dienstag – Donnerstag: 17.00–24.00 Uhr, Freitag & Samstag: 17.00–01.00 Uhr | Mehr Info

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