Wie ich den Aperol Spritz lieben lernte – eine (verspätete) Liebeserklärung

© Katharina März

Ich muss absolut ehrlich mit euch sein. Ich bin 27 Jahre alt. Ich wohne mein Leben lang in München (der nördlichsten Stadt Italiens und dieser Fakt wird für den Verlauf der Geschichte äußerst relevant). Ich liebe wahrscheinlich nichts mehr als eine gepflegte Partie Daydrinking mit meinen Freund*innen in den, von der Sonne aufgeheizten, Gassen der Stadt. Ich liebe Italien, Pasta und einfach dolce vita. Aber. Und dieses Aber solltet ihr nur im Sitzen lesen.

Ich habe nie einen Aperol Spritz getrunken. Ja, atmet besser einmal kurz durch. So viele Jahre war ich immer Team Weischo oder – wenn ich mal ganz verrückt unterwegs war – Secco auf Eis. Doch das orangene Getränk habe ich nicht angerührt. Bis zu diesem Sommer. Was sich verändert hat? Wahrscheinlich ich und das einmal komplett um 180 Grad. Aber wisst ihr was? Seit ich den Aperol vergöttere, ist mein Sommer noch ein bisschen besser geworden. Hier nehme ich euch mit auf meine kulinarische (Selbstfindungs-)Reise.

la dolce vita ist mehr als nur eine Redewendung

Wir sollten am Anfang starten. Bis ich 18 Jahre alt war, habe ich keinen Tropfen Alkohol getrunken. Teenie-Partys blieben für mich aus, genauso wie die wilden ersten (absolut illegalen) Partynächte. Einfach aus dem Grund, weil ich Alkohol komplett ekelhaft fand. Mit dem Erreichen der Volljährigkeit haben sich aber wohl auch meine Geschmacksnerven gewandelt und so begab es sich, dass ich nun seit fast 10 Jahren ein großer Fan von eisgekühlten, alkoholisierten Spaßgetränken bin. Und wie wir alle wissen: Unsere Stadt München eignet sich mehr als nur gut für den Verzehr dieser Getränke. Daydrinking gehört hier zum guten Ton und vor allem die dolce vita schwappt immer wieder über den Brenner zu uns hinüber. Eigentlich wären wir nämlich alle gerne Italiener*innen, denn die haben das Spiel des Lebens einfach verstanden.

Deshalb schlürfte ich weiter meinen Prosecco auf Eis und war glücklich. Little did I know.

Zum Glück kann man als Münchner-Möchtegern-Italienerin auch genauso gut Vino und Secco trinken. Trotzdem wurde ich immer wieder schief angeschaut, wenn ich die Einzige in der Runde war, die keinen Aperol bestellt hat. Manchmal hat mich das sogar so sehr beschäftigt, dass ich mal genippt hab. Doch jedes Mal merkte ich: Ist mir irgendwie zu bitter-süß. Deshalb schlürfte ich weiter meinen Prosecco auf Eis und war glücklich. Little did I know. Dann kam das Jahr 2022. Der Frühling war da, die "After-Corona-Feelings" waren groß und ich einfach nur glücklich. Denn: Wir hatten eine meiner Lieblingsbands Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys bei uns für ein Hofkonzert zu Besuch. Da war es nur klar, dass der Aperol kalt gestellt werden musste. Ich erinnere mich, dass ich (komplett überfordert) in der Küche im Büro stand und nicht wusste, wie ich jetzt für unsere Gäste dieses It-Getränk zubereite. Welches Mengenverhältnis? Ich hatte keinen Schimmer.

Ich hatte keinen Schimmer, wie ich Roy Bianco seinen Aperol Spritz mischen musste – ein Moment der Erleuchtung

Vor den Stars des Italo-Schlagers wollte ich mir mein Unwissen allerdings nicht anmerken lassen, denn ich wollte ja nicht wie ein Italien-Banause dastehen. Also googelte ich das Mischverhältnis, machte mir auch einen Aperol mit und beim ersten Schluck passierte ein Wunder. Bis heute weiß ich nicht, ob es die ersten Sonnenstrahlen, die akustische Version meines Lieblingsliedes "Tage am Pool", die Anwesenheit der Italo Schlager Boys oder einfach die Mischung aus all dem war. Aber mir schmeckte dieser Aperol. Und wie er mir schmeckte. Lasst euch eins gesagt sein: Egal welches Getränk ihr trinkt, hört irgendwann wieder auf damit. Euer Zukunfts-Ich wird es euch am nächsten Tag danken. Naja. Das lerne ich auch noch. Irgendwann. Komplett perplex von diesem anhaltenden Aperoldurst führte ich das Experiment am folgenden Wochenende weiter. Und siehe da: Es schmeckte. Wieder. Ich fühlte mich ein bisschen wie ein kleines Kind, das auf einmal merkt, dass Blumenkohl doch nicht so kacke schmeckt, wie es jahrelang dachte.

Ich war geheilt! War ich bis dato überhaupt eine richtige Münchnerin?

Doch nun war ich geheilt. Aus Zwang wurde Genuss und endlich konnte ich bei der Bestellung meiner Freund*innen sagen: "Für mich auch einen Aperol, bitte!" War ich bis dato überhaupt eine richtige Münchnerin? Aber um ehrlich zu sein, möchte ich mich nicht mehr in meiner spritzlosen Vergangenheit aufhalten, sondern erhobenen Hauptes in die Zukunft blicken und mich auf viele weitere volle, orangefarben leuchtende Gläser freuen. Denn um ehrlich zu sein, ist der Spritz nun mal einfach der Signature Drink dieser Stadt. Und seit ich ihn zelebriere und abgöttisch anhimmele, fühle ich mich mit meiner Heimatstadt noch ein kleines bisschen mehr verbunden. Und das lässt mein Herz jeden Tag vor Freude schneller schlagen. Vielleicht denkt ihr an dieser Stelle: "Die ist doch verrückt geworden?!?!?" oder ihr könnt meine Gefühle nachempfinden. Mir ist das eigentlich gleich, denn ich gehe jetzt erstmal einen kühlen Spritz trinken. Mille Grazie und Salute, alles Gute!

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