11 Theaterstücke im März und April 2023, die ihr euch anschauen solltet
Heidewitzka, was stehen uns turbulente Theater-Monate bevor! Im März und April 2023 gibt es jede Menge Premieren, Uraufführungen und sogar Gastspiele, auf die wir uns ganz besonders freuen. So oft wie nie geht es um die Suche nach der Wahrheit, die Kirche erkämpft sich hier und da (negatives) Rampenlicht, aber es darf auch gut und gerne Raum sein für die wundervoll positiven Dinge des Lebens. Stöbert euch am besten selbst durch unsere Auswahl, wir sehen uns im Theatersaal!
1 "All das Schöne" – Metropol Theater
Nehmt euch einen Moment Zeit und durchforstet eure Erinnerung nach euphoriegeschwängerten Erlebnissen. Sucht die Sekundenbruchteile, in denen ihr einfach glücklich wart, denkt an diese eine Sache, die euch ein Lächeln auf die Lippen zaubert. Duncan Macmillan widmet sich in seinem Text "All das Schöne" genau diesen teilweise winzigen Funken, die das Leben in schillernde Farben tauchen. Nach dem ersten Suizidversuch seiner Mutter beginnt ein siebenjähriger Junge, diese Dinge für sie auf einer Liste zusammenzuschreiben: Eiscreme, Überraschungen, Geschenke, die man sich gewünscht hat, ohne es zu sagen...
2 "Bavaria" – Marstall
Wer den Film zur "Colonia Dignidad" gesehen hat, weiß um die Beziehung zwischen den Motiven der deutschen Kolonist*innen und denen der chilenischen Regierung. Der aus Chile stammende Regisseur und Autor Guillermo Calderón widmet sich in seinem neuen Stück "Bavaria" für das Residenztheater auf humorvolle Art und Weise diesem politisch brisanten Thema. Hier trifft sich eine Gruppe von Frauen zur Chorprobe. Doch sie singen nicht nur zusammen, sie wollen auch eine neue Form der Gemeinschaft gründen, ein besseres Leben finden. Auf der Suche nach einem geeigneten Ort gerät die Harmonie der Mitglieder jedoch ins Wanken und dunkle Schatten der deutschen Siedlungsgeschichte in Lateinamerika treten ans Licht.
3 "Die Affäre Rue de Lourcine" – Residenztheater
Das Szenario rund um "Die Affäre Rue de Lourcine" kennen wir wohl alle: Nach einer durchzechten Nacht aufwachen und feststellen, dass man von eben dieser kaum mehr etwas weiß. Im Fall von Protagonist Lenglumé artet das Ganze jedoch etwas aus. Nicht nur liegt ein nackter Mann neben ihm im Bett, er findet auch Hinweise auf ein mörderisches Verbrechen in seiner Tasche. Der Versuch, einerseits seine vermeintliche Schuld zu verwischen und andererseits vor seiner Frau zu verheimlichen, dass er überhaupt das Haus verlassen und offenbar extrem gesoffen hat, führt zu einem atemlosen und urkomischen Versteck- und Verwirrspiel.
4 "Nora" – Münchner Kammerspiele
"Nora" ist nur noch eine letzte Rate ihres Darlehens davon entfernt, ihrem Mann Torvald eine lebenswichtige Auszeit zu spendieren. Den Kredit hatte sie ohne sein Wissen aufgenommen. Doch kurz vor der Zielgeraden und gleichzeitig drei Tage vor Weihnachten scheinen ihre Vorsätze gar nicht mehr so klar und logisch, wie sie einst waren. Die vermeintlich sichere Beziehung zwischen Nora und Torvald schlittert nurmehr auf wackeligen Beinen durch die Gegend und die Protagonistin muss sich entscheiden, wie ihre eigene Zukunft aussehen soll. Frei von Hypotheken und Männern.
5 "Richard Drei" – Kammerspiele
Die Geschichte von Richard III. wurde unzählige Male im Theater erzählt. Allerdings nie so feministisch, humorvoll und poetisch, wie Katja Brunner es in "Richard Drei – Mitteilungen der Ministerin der Hölle" gelingt. Richard ist hier schonmal kein alter, weißer Mann, sondern eine weibliche Person. Sie passt nicht in die Zeit, sie passt nicht in die Gesellschaft, ihr passt der regierende König nicht – also entschließt sie sich, Schurke zu werden und Shakespeares Drama nimmt seinen Lauf. Erst lässt sie ihre Brüder einkerkern und töten, dann verführt sie die trauernde Witwe Prinzessin Anne, um ihre Machtansprüche zu festigen. Doch nachdem sie den Thron von England bestiegen hat, lassen Neider*innen und Konkurrenz nicht lange auf sich warten.
6 "Revolution" – Volkstheater
Michail findet sich in einer Zwickmühle wieder: Nachdem eine komplett verrückte Verfolgungsjagd quer durch Moskau in einem massiven Unfall endet, wird er verantwortlich gemacht. Innerhalb weniger Tage muss er eine enorme Summe an Geld besorgen oder er wandert ins Gefängnis. In letzter Sekunde rettet ihn eine Spende großzügiger neuer Freunde, die sich allerdings als Geheimbund entlarven. Ein undurchschaubares Netzwerk mit zahllosen Mitgliedern, deren gespenstischer Anführer Batja aus dem Untergrund heraus die Fäden zieht und bis ins Mark Politik und Medien, wissenschaftliche und juristische Institutionen kontrolliert. Naiv tappt er der Truppe in die Falle und nimmt immer mehr Aufträge an, die ihm auch privat große Erfolge bringen. Doch zu welchem Preis? Eine "Revolution" muss her.
7 "Mata Hari" – Gärtnerplatztheater
Die Frau, der Mythos, die Ikone: Mit gerade mal 19 Jahren brach Margaretha Geertruida Zelle aus ihrer niederländischen Provinz auf, um die Welt zu erobern. Den Kopf voller Träume, versuchte sie sich als Offiziersgattin und Mutter auf Java. Aber das war ihr lange nicht genug: Nach und nach wurde sie zu einer der berühmtesten Frauen ihrer Zeit. So wandelte sie sich von einer exzentrischen Diva, zur Fantasie aller Männer und wurde schließlich Doppelspionin. Bis heute ist sich niemand so wirklich sicher, was wahr und was erfunden ist an der Figur "Mata Hari" – das Gärtnerplatztheater geht der Saga auf den Grund und das in Form eines Musicals.
8 "James Brown trug Lockenwickler" – Residenztheater
In "James Brown trug Lockenwickler" ist Céline Dion Jacob's größtes Vorbild – ganz zur Irritation seiner Eltern Pascaline und Lionel Hutner. Die kanadische Sängerin inspiriert Jacob dabei nicht nur in der Wahl seiner Kleider, er trällert auch ihre Lieder vor sich hin, wann immer es (nicht) passt und spricht sogar mit franko-kanadischem Akzent. In ihrer Verzweiflung wenden sich die Eltern an eine Therapeutin, die allerdings auf der Seite des Sohnes steht und dazu rät, das Selbstbild des Jungen hinzunehmen. Während Pascaline und Lionel Zugang zur Welt ihres Kindes suchen, wird immer deutlicher, dass sie ihren Sohn verlieren werden, wenn sie ihn nicht so annehmen, wie er – oder sie – glaubt zu sein.
9 "Zweifel" – Hoftheater
Das Fritz Rémond Theater aus Frankfurt ist mit "Zweifel" zu Gast am Hoftheater. Ein Stück, das im Original am Broadway wie eine Bombe einschlug und unter anderem den Pulitzer Preis und den Tony Award abstauben konnte. Schwester Aloysius leitet eine kirchliche Schule und ist damit Chefin von Vater Flynn. Der Lehrer kommt wahnsinnig gut an bei seinen Schüler*innen, wohl vor allem aufgrund seiner modernen Perspektive. Doch als Aloysius vom freundschaftlichen Verhältnis zwischen Flynn und einem Student of Color erfährt, beschuldigt sie ihn des Missbrauchs. Ein Kampf um die Wahrheit entflammt zwischen den beiden. "Zweifel" (Original: "Doubt") ist nicht nur ein Stück über die Kirche, sondern auch über die Welt nach dem 11. September.
10 "Bilder von uns" – Volkstheater
In einem ähnlichen Kosmos existiert das Stück "Bilder von uns", doch behandelt es mehr die Zeit nach und Aufarbeitung von einem Trauma. Nach Jahren bekommt Jesko anonym ein Foto geschickt, dass ihn schlagartig in seine Jugend in einem katholischen Internat zurück katapultiert. Mit einem Mal steht das Leben des erfolgreichen Managers und Familienvaters Kopf, immer mehr Erinnerungen an Pater Stein regen sich in seinem Gedächtnis. Pater Stein hatte damals immer wieder die Schüler fotografiert. Die Suche nach dem Absender des Bildes beginnt, aber auch die Suche nach der Wahrheit und dem Umgang mit einer Schulzeit, die vielleicht doch traumatisierender war, als er sich eingestehen möchte.
11 "Anti War Women" – Kammerspiele
"Anti War Women" blickt zurück auf den ersten Weltkrieg und sucht nach hilfreichen Erkenntnissen und tapferen Visionen für Heute. Die Münchnerinnen Lida Gustava Heymann und Anita Augspurg organisieren gegen jede Wahrscheinlichkeit einen Frauenfriedenskongress in Den Haag. Die Ärztin Hope Bridges Adams-Lehmann vermittelt zwischen ihrer Heimat England und ihrer Wahlheimat Deutschland. Das Stück gräbt längst vergessene und absichtlich geheim gehaltene Geschichten von zivilem Ungehorsam wieder aus und spinnt ein internationales Netz an fortschrittlich denkenden Kriegsgegnerinnen. Die Regisseurin Jessica Grause und ihr Faible für die Münchner Frauenbewegung kennt ihr vielleicht schon aus "Bayerische Suffragetten".