11 Theaterstücke im Herbst, die ihr nicht verpassen solltet
Die Sommerpause ist vorbei und Münchens Theater glänzen wieder mit großartigen Inszenierungen. So sehr, dass wir uns gefühlt gar nicht entscheiden können, zu welcher Premiere wir zuerst gehen möchten. Sind es die Tänzer*innen im Gärtnerplatztheater, die komödiantisch aufbereiteten Gefühlswelten in den Kammerspielen, die neu inszenierten Klassiker im Residenztheater oder die politischen Diskussionen im HochX? Zum Glück geht die Spielzeit lang genug, um es sich in den kommenden Monaten auf mehreren Samtstühlen der Stadt gemütlich zu machen. Somit: Habt Spaß und genießt die Vorstellung!
1 Mia san Mia – Kammerspiele
Science-Fiction trifft auf Heimatfilm: Irgendwo im nirgendwo, auf einem Wanderplaneten Lichtjahre entfernt von der Erde, befindet sich die letzte bayerische Siedlung. Vor Jahrzehnten sind ein paar Münchner Kindl dorthin ausgewandert, um ihren Traditionen weiterhin freien Lauf lassen zu können. Mittlerweile leben sie vom Tourismus und werden von einer Horde Erdbewohner*innen besucht, deren vermeintliches Abenteuer allerdings schnell zum Albtraum wird. Eine bayerische Space Odyssey von Marco Layera und Martín Valdés-Stauber.
2 Amerika / Der Verschollene – Kammerspiele
Im Roman "Der Verschollene" beschrieb Franz Kafka bereits 1927 die fragwürdigen Klassenverhältnisse einer kapitalistischen Gesellschaft. Charlotte Sprenger inszeniert das Stück feinsinnig, musikalisch und spielerisch an den Kammerspielen neu und stellt dabei den 16-jährigen Karl Roßmann in die Mitte des Geschehens. Von seiner Familie verstoßen und nach Amerika geschickt, muss er sich in New York zwischen der technokratischen Ordnung seines Unternehmer-Onkels, überarbeiteten Liftboys in überteuerten Hotels, Gelegenheitsarbeiter*innen auf der Straße und eingeengten Künstler*innen in zu kleinen WGs zurechtfinden. Zwischen Macht und Ohnmacht, Anpassung und Rebellion zeigt das Stück die Hartnäckig- und Widerstandsfähigkeit amerikanischer Lebenskünstler*innen.
3 Mord im Orientexpress – Blutenburg Theater
Mord an Bord! Knapp 3.000 Kilometer fährt ein amerikanischer Geschäftsmann mit dem Orientexpress von Istanbul ins französische Calais. Doch was mit traumhaften Aussichten beginnt, endet tödlich. Brutal und mysteriös wird er im Zug ermordet, allerdings befindet sich zufälligerweise auch der belgische Meisterdetektiv Hercule Poirot unter den Fahrgästen. Er vermutet, der oder die Täter*in sei noch an Bord – und so beginnen die Ermittlungen.
4 Ein Sommernachtstraum – Residenztheater
William Shakespeares "Ein Sommernachtstraum" ist ein heilloses Verwirrspiel und Gefühlschaos in dem jede*r jede*n liebt, verabscheut, begehrt und verrät. Was ursprünglich im antiken Athen spielt, versetzt Stephan Kimmig am Residenztheater in unsere aller Gegenwart. Seine Liebenden verirren sich nicht zwischen Olivenhainen und alten Ruinen, sondern verlieren sich in dunklen Clubs zwischen Elektromusik und Drogenrausch. Ebenso wie Shakespeares Figuren suchen sie nach Liebe, ihrer Sexualität und Identität – doch in den Wirren unserer heutigen Gesellschaft – und finden am Ende doch zu sich selbst.
5 Und oder oder oder oder und und beziehungsweise und oder beziehungsweise oder und beziehungsweise einfach und – Residenztheater
Ja, nein. Hell, dunkel. Krieg, kein Krieg. Du, ich. Sind die Dinge so einfach? So widersprüchlich? Lassen sie sich immer und jederzeit irgendwohin einordnen? Oder ist es an der Zeit, Gegensätze auszuhalten, sie in ihrer Ambiguität, ihrer Komplexität und Kompliziertheit anzuerkennen, ohne sie zwingend fassen zu müssen? "Es gibt Leute, die sagen, dass die Dinge schon immer sehr kompliziert waren. Und es gibt Leute, die sagen, dass die Dinge immer komplizierter werden", schreibt die Autorin Nele Suhler über ihr gemeinsames Werk mit Regisseur FX Mayr. Urkomisch, musikalisch und poetisch spielen die beiden mit den großen Fragen unserer heutigen Zeit – oder, aller Zeiten?
6 Post von Karlheinz – Metropoltheater
Als Sohn indisch-pakistanischer Einwanderer bekommt Hasnain Kazim als Journalist immer wieder hasserfüllte Leserpost. Großartig überraschend ist das für ihn nicht, wer zuletzt die Kommentare unter politisch heiklen Beiträgen (oder jeglichen Beiträgen) großer Nachrichtenagenturen gelesen hat weiß, warum. Doch statt die Mails per Rechtsklick in den virtuellen Mülleimer zu manövrieren, antwortet er schlagfertig, unterhaltsam und klug und zeigt so den Karlheinzen unserer Welt, warum man Hass und Schwachsinn im eigenen Postfach nicht unkommentiert lassen sollte. Eine wunderbar szenische Lesung, die jede Hass-Mail zunichtemacht.
7 Transfigured – HochX
Carolin Jüngst und Lisa Rykena beschäftigen sich in ihren Werken regelmäßig mit queerfeministischen, intersektionalen und Ableismus-kritischen Körperdiskursen und der normativen Kategorisierung von Körpern. So auch in ihrem neuen Stück Transfigured. Durch Sprache, Gesang und Choreographie verwandeln sie Bedeutungen in Bewegungen und schaffen dabei eine Atmosphäre, welche vermeintliche Eindeutigkeiten entlarvt und die Suche nach nur einer einzigen Wahrheit kollabieren lässt.
8 CHORA – Akademietheater August Everding
Die Bayerische Theaterakademie August Everding und das Museum Ägyptischer Kunst präsentieren ab dem 10. Oktober ihr gemeinsames Werk aus Musik, Theater und Installation. "CHORA" handelt vom Wunsch des Menschen, dem Tod zu entgehen und seiner Flucht in das Zwischendrin: in die Wissenschaft, die Kunst, Gott oder die eigenen Kinder. Ein Raum, zwischen Leben und Tod, welcher beleuchtet und dabei mit Musik gefüllt wird.
9 Die lustige Witwe – Gärtnerplatztheater
Bis heute zählt die lustige Witwe zu den meistgespielten Operetten überhaupt. In der Neuinszenierung am Gärtnerplatztheater spürt Staatsintendant Josef Köpplinger den feinfühligen, psychologischen Abgründen des Klassikers nach und lässt uns eintauchem in eine Welt zwischen drohendem Staatsbankrott und einem letzten, rauschenden Pariser Fest. Das Ziel: Die millionenschwere Witwe Hanna Glawari irgendwie mit Graf Danilo Danilowitsch zu verheiraten, auch wenn dieser eher Gspusi- statt Gatten-Material ist.
10 The Lobster – Volkstheater
Wenn ihr den Film The Lobster von Drehbuchautor Yorgos Lanthimos und Regisseur Efthimis Filippounoch nicht kennt, solltet ihr euch den unbedingt anschauen – oder noch besser: ins Münchner Volkstheater gehen. Die abstruse Geschichte ist wirklich sehenswert: Man checkt in ein Hotel ein und hat 45 Tage Zeit, eine*n Partner*in zu finden. Schafft man das nicht, wird man in ein Tier verwandelt. Lucia Bihler nimmt sich dem Drehbuch an und überträgt das restriktive System der erzwungenen Verpartnerung auf die Theaterbühne.
11 Mein Jahr der Ruhe und Entspannung – Volkstheater
Ein Jahr durchschlafen hört sich für uns an wie genau das, was wir am Montagmorgen brauchen. Für die namenlose Protagonistin in "Mein Jahr der Ruhe und Entspannung" wird das Wirklichkeit. Sie verachtet ihre Umgebung, die New Yorker Kunstszene, will ihre gefühlskalte Kindheit, den Tod ihrer Eltern und ihr vergangenes Leben vergessen. Dafür verschreibt ihr eine Psychiaterin zahllose Medikamente, die allerdings zum Nebeneffekt haben, dass sie im bewusstlosen Zustand ein Eigenleben entwickelt. Plötzlich tut sie im Schlaf wieder genau die Dinge, die sie in der Realität vergessen wollte und findet sich auf diversen Partys wieder. Dabei wird es schwer, Schlaf und Erinnerung auseinanderzuhalten.